Studie

WWF warnt vor drastischem Ausbau heimischer Forststraßen

Fortstraße im Thalhof in Reicheneau an der Rax.
Fortstraße im Thalhof in Reicheneau an der Rax.Clemens Fabry
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In rund 30 Jahren sollen Österreichs Forststraßen um 40 Prozent gewachsen sein, zeigt sich die Umweltschutzorganisation besorgt.

Österreichs Forststraßen übertreffen mit einer Länge von 218.000 Kilometern das Straßennetz – das dem VCÖ zufolge auf 127.000 Kilometer kommt – bei weitem. Das zeigt eine aktuelle WWF-Studie in Zusammenarbeit mir dem E.C.O. - Institut für Ökologie. Sie veranlasst die NGO zur Kritik am rasanten Wachstum der in den Wäldern verborgenen Verkehrsbauten. Auf Hektar heruntergerechnet habe deren Länge seit 1996 um 40 Prozent zugenommen.

1996 gab es die letzte publizierte Untersuchung über die Forststraßen. „Beinahe 30 Jahre lang standen uns keine aktuellen Daten zu den heimischen Forststraßen zur Verfügung“, erklärt E.C.O.-Geschäftsführer Hanns Kirchmeir. „Mithilfe neuer, digitaler Datensätze konnten wir nun die Entwicklung der letzten drei Jahrzehnte nachvollziehen und zeigen, dass ihre Länge seither von 35 Laufmetern pro Hektar auf 49 erhöht wurde.“ Dies belaufe sich auf 40 Prozent.

Vier Prozent intakter Waldböden zerstört

Insgesamt gehen laut der Studie durch Forststraßen und ihre Böschungen rund vier Prozent der intakten Waldböden und der produktiven Waldfläche verloren. Das entspricht einer Gesamtfläche von rund 190.000 Hektar bzw. der dreieinhalbfachen Fläche des Bodensees. „Eine stichprobenartige Überprüfung der Datenqualität ergab außerdem, dass durchschnittlich 18 Prozent der Forststraßen im verwendeten Datensatz fehlen“, sagt Kirchmeir. „Die tatsächliche Länge der Forststraßen könnte also noch wesentlich höher liegen.“

Der WWF sieht in den zahlreichen Forststraßen eine Gefahr für die Natur, denn „das extrem dichte Netz an Lkw-befahrbaren Straßen zerschneidet unsere Wälder und wirkt sich negativ auf ihr Mikroklima, ihre Artenvielfalt und ihre Fähigkeit zur Kohlenstoffspeicherung aus“, sagt WWF-Waldexpertin Karin Enzenhofer. Ur- und Naturwälder würden im Kampf gegen die Klima- und Biodiversitätskrise helfen, da sie besonders viel Kohlenstoff speichern und Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen bieten.

Forderung strengerer Vorgaben zum Naturschutz

Um die negativen Auswirkungen von Forststraßen zu verringern und große zusammenhängende Waldflächen zu schützen, fordert der WWF strengere rechtliche Vorgaben: „Genehmigungsverfahren müssen Natur- und Klimaschutz stärker berücksichtigen sowie bundesweit vereinheitlicht und in den Naturschutzgesetzen der Bundesländer verankert werden“, sagt Enzenhofer. „Derzeit gelten selbst in Schutzgebieten oft nur sehr schwache oder gar keine Regeln für die Bewilligung von Forststraßen.“

Zudem braucht es eine natur- und klimaverträgliche Planung und Gestaltung von Forststraßen. „Die zuständige Politik muss sicherstellen, dass nur solche Forststraßen gebaut und gefördert werden, deren Notwendigkeit und Dimensionierung nachvollziehbar und begründet sind.“ Dazu brauche es Kosten-Nutzen-Rechnungen, Analysen zu Ökosystemleistungen und Nutzungskonzepte. Wichtig ist außerdem eine verstärkte Wald-Forschung - gerade was die Auswirkungen von Forststraßen auf Waldökosysteme im Kontext der Klimakrise und im Zusammenhang mit Naturgefahren angehe würden noch erhebliche Wissenslücken bestehen.

Weniger als 50 Prozent der Mittel für Erhaltung oder Verbesserung der Ökosysteme

Gebaut wird jedenfalls fleißig, auch der Rechnungshof kritisierte 2022 den Mittelaufwand des Landwirtschaftsministeriums für Forststraßen im „Österreichischen Programm für ländliche Entwicklung 2014 bis 2020“, das insgesamt 206,63 Millionen Euro für Projekte im Forstbereich beinhaltete. Demnach wurde im Hinblick auf den sanierungsbedürftigen Zustand der Schutzwälder angemerkt, dass mit 43,5 Millionen Euro mehr als die Hälfte der schutzwaldbezogenen Förderungen für Forststraßen bewilligt wurden. Weniger als 50 Prozent der Mittel wurden für Projekte zur Erhaltung oder zur langfristigen Verbesserung der Ökosysteme in Schutzwäldern eingesetzt.

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