Serie

„True Detective“: Wenn sich die Toten in der Nacht langweilen

In Bestform: Jodie Foster als Detective Danvers.
In Bestform: Jodie Foster als Detective Danvers.Sky/HBO
  • Drucken

Noch nie war Jodie Foster so grantig wie als Ermittlerin in „True Detective: Night Country“: Die vierte Staffel der Anthologieserie, auf Sky gestartet, ist nicht so großartig wie Staffel eins, aber gut.  

„Dieser Fall“, sagt Detective Liz Danvers (Jodie Foster), „wird ein Haufen Scheiße. Keine Antworten. Viele wütende Menschen.“ Mit dieser Prophezeiung beginnt Folge zwei von „True Detective: Night Country“, der inzwischen vierten Staffel der Anthologieserie, die am Montag auf Sky gestartet ist. Die Ermittlerin steht bei den Worten inmitten von Eis und Schnee vor einem Loch mit halb ausgegrabenen gefrorenen nackten Männerleichen. Es sind die sterblichen Überreste einer Gruppe Wissenschaftler, die aus unerklärlichen Gründen aus ihrer Forschungsstation in der Nähe des fiktiven Städtchens Ennis in Alaska verschwunden ist. Was hat sie hinausgetrieben in die tödliche Kälte? Und warum liegt in der Forschungsstation die vernarbte, abgeschnittene Zunge einer indigenen Frau am Boden?

Lokalpolizistin Danvers könnte diesen so grausigen wie komplizierten Fall abgeben, aber das tut sie nicht. Irgendetwas nagt an dieser ständig grantigen Ermittlerin (Foster in Bestform), die sich permanent unbeliebt macht. Sie wurde zwangsversetzt in dieses Nest am Ende der Welt, wo gerade die längste Nacht hereingebrochen ist, die wochenlang dauern wird und „in der selbst die Toten sich langweilen“, wie ein Zeuge es formuliert. Es war tatsächlich ein längst verblichener Freund, der die alte, kiffende Rose (Fiona Shaw) zu den Leichen geführt hat. Sie ist nicht die Einzige, die hier heimgesucht wird (oder dem Wahnsinn anheimfällt). Das übersinnliche Element, das „True Detective“ schon in Staffel eins hatte, ist dieses Mal stark betont, wieder spielt eine Spirale eine Rolle. Ihre Mystik bezieht die Serie dieses Mal aus der Kultur der Ureinwohner, der Inupiaq, die einen Großteil der Bevölkerung von Ennis bilden. Tote zu sehen ist nicht ungewöhnlich.

Danvers’ Kollegin Evangeline Navarro (Boxerin Kali Reis in ihrer ersten großen Rolle) ist ebenfalls Ureinwohnerin, ohne eines dieser offenbar typischen Gesichtstattoos mit drei Strichen von Unterlippe übers Kinn, aber mit Piercings, wo sonst Lachgrübchen sind. Danvers will nicht mit ihr zusammenarbeiten, aber – man ahnt es – sie tun es doch. Von Nutzen erweist sich auch der Jungpolizist und Jungvater Peter Prior (vielschichtig: Finn Bennett).

Widerwillige Partnerinnen: Jodie Foster und Kali Reis in „True Detective: Night Country“
Widerwillige Partnerinnen: Jodie Foster und Kali Reis in „True Detective: Night Country“Sky/HBO

Autorin Issa López will zu viel

Mit zwei Hauptermittlerinnen bildet die vierte einen Gegenpol zu den vorigen drei Staffeln, in denen Männer dominierten. In der ersten, wohl der besten Serie des Jahres 2014, spielten Matthew McConaughey und Woody Harrelson groß auf – auf gleich drei Erzählebenen. Staffel zwei war mit Colin Farrell, Vince Vaughn und Rachel McAdams starbesetzt, enttäuschte aber mit einer verworrenen Geschichte. Staffel drei mit Oscar-Preisträger Mahershala Ali als einsamem Wolf ging Anfang 2019 eher unter.

Staffel vier verantwortete zum ersten Mal nicht Serienschöpfer Nic Pizzolatto, sondern die mexikanische Autorin und Regisseurin Issa López. Ihre Staffel will zu viel, reißt viele Themenkomplexe an: Alkoholismus; Männer, die Frauen und Kinder schlagen; ein Bergbauunternehmen, das für Arbeitsplätze sorgt und dafür, dass das Wasser verschmutzt ist und Menschen reihenweise an Krebs erkranken. Die Serie kratzt kaum an der Oberfläche, was auch ihrer Kürze verschuldet sein könnte: bloß sechs Folgen umfasst „Night Country“. Als Gesellschaftsporträt taugt die vierte Staffel somit nicht, als Krimi ist sie aber alles andere als ein „Haufen Scheiße“, sondern höchst zufrieden stellend.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.