Schaulustige versammelten sich am Donnerstag auf der Freyung, um das Signa-Inventar zu besichtigen – es wird nun in mehreren Auktionen abverkauft. Auf die Fußmatte darf man nicht steigen, sie ist inzwischen 1600 Euro wert. Manche Besucher planen schon, daraus Gewinn zu schlagen.
Wer hat sich hier wohl alles die Schuhe abgeputzt? Könnte die Fußmatte des Palais Harrach sprechen, würde wohl mehr als die derzeit 1600 Euro geboten werden. Für den einstigen Hauptsitz von Signa, auf der Freyung in Wien, ist der Mietvertrag längst gekündigt. Bevor neue Mieter einziehen, wird das nun alles zu Geld gemacht und per Versteigerung abverkauft.
„Bitte nicht auf die Fußmatte steigen“, fordert das Personal des Auktionshauses Aurena einen Mann auf, der das gute Stück wohl gleich ausprobieren wollte. „Wofür ist die sonst da?“, entgegnet er sofort. Gelächter schallt durch das Büro, in dem einst die Mitarbeiter des Immobilienkonzerns von René Benko das breit gefächerte Firmenkonstrukt zusammenhielten. Zwei Männer scherzen damit, diese nachzumachen und auf der Plattform Willhaben zu verkaufen. Die Besucher, die einen der ersten Besichtigungstermine ergattert haben, werden über die Stiege drei durch die Büros geführt. Der imposantere Haupteingang mit mehreren Sicherheitstüren bleibt an diesem Donnerstag geschlossen. „Bitte nichts anfassen und keine Fotos machen“, werden die potenziellen Käufer aufgefordert. Es halten sich nicht alle daran.
Kraftakt für Klo gefragt
Während so mancher Aufsichtsrat nach der Insolvenzmeldung des Unternehmens seine Hände in Unschuld wäscht, muss der zukünftige Besitzer der Signa-Toilette sich erst einmal die Hände schmutzig machen. Denn ein Versand ist bei René Benkos Allerheiligstem nicht möglich. Klopapierhalter, Bürstenhalter und Mülleimer in edler Bronze gibt es nur gegen Selbstabholung. 34 Personen wären offenbar bereit, diese delikate Arbeit zu übernehmen und obendrauf noch 550 Euro zu zahlen.
Ob alle Gebote ernst zu nehmen sind, ist fraglich. Derzeit reicht eine Mailadresse, um an dem Verkaufsspektakel teilzunehmen. Ein Identitätsnachweis wird nicht abgefragt. Bieter können seit Anfang Jänner 460 Posten ersteigern. Drei Versteigerungen laufen derzeit. Je nach Objekt läuft das Bieterverfahren noch bis 19. Jänner, 2. Februar oder 6. Februar. Und es kommen noch weitere.
»Wo ist denn das Signa-Monopoly?«
Ein Besucher der Versteigerungsbesichtigung
Zum Inventar der Büros und Konferenzräume gehören Designer-Leuchten, dazu passende Bürosessel, diverse Ledersofas, Barhocker, Pflanzen, eine Luftpumpe, maßgefertigte Raumteiler aus Marmor und allerlei Krimskrams. Fünf Kleiderbügel mit Signa-Logo in einem der obersten Räume kosten laut aktuellem Gebot 240 Euro. Wer es etwas billiger haben möchte, sollte bei einem Mistkübel zuschlagen. Kostenpunkt: 70 Euro. 23 Bieter haben wohl dafür Bedarf.
„Wo ist denn das Signa-Monopoly?“, will ein Besucher wissen. Dieses konnte am Donnerstag nicht besichtigt werden. 24 potenzielle Käufer haben schon ein Gebot abgegeben. Ein Bieter ist bereit, 240 Euro für das Brettspiel zu zahlen. „Die Presse“ ist im Besitz eines solchen. Zehn Jahre lang wurde die Sonderanfertigung produziert und an Mitarbeiter verschenkt. In der Spielanleitung im Signa-Monopoly wird das Ziel klar beschrieben: „Je mehr Sie besitzen, desto mehr Miete kassieren Sie. Wer am Ende des Spiels nicht bankrott ist, hat gewonnen.“ Gute Ratschläge bietet auch die Lektüre des Buches „Erfolgsfaktoren nachhaltiger Unternehmensführung“.
„Signa Times“ erinnert an bessere Zeiten
Weinkenner gibt es im Vertrautenkreis Benkos ja genügend. Doch wer die erlesene Sammlung der Signa Holding kuratierte, bleibt derzeit noch ein Geheimnis. Von einem Rotwein Chateau Giscours Margaux 2019 für neun Euro aufwärts ist hier alles dabei.
Die IT-Ausstattung dürfte wohl ohne entsprechende Daten nicht so spannend sein. Auch der European Real Estate Brand Award 2021 aus Glas ist nur mehr ein Staubfänger. Für den mit Leder bezogenen „Präsidententisch“ mit einem Durchmesser von mehr als acht Metern liegen die Gebote bereits bei 3400 Euro. 20 Personen hätten an diesem Platz. Allerdings muss für jeden Sessel einzeln geboten werden.
Ob alle gebotenen Preise wirklich bezahlt werden, wird sich erst zeigen. Selbst wenn, die Gläubiger erhalten zunächst davon keinen Cent. Der Erlös fließt an das Unternehmen, das die Büros besitzt und diese an die Signa Holding vermietet hat. Der Bürodienstleister und Vermieter gehört dem „Standard“ zufolge zur Stiftung des Billa-Gründers Karl Wlaschek und macht nun sein Pfandrecht bei Mietausständen geltend. Nur wenn etwas übrig bleibt, geht der Überschuss aus der Auktion an die Gläubiger. Die Geldgeber müssen weiterhin um ihr Geld bangen und werden wohl nur im besten Fall 30 Prozent davon wiedersehen. Aber vielleicht tröstet sich der eine oder andere über seinen Verlust mit einem Andenken an die glorreichen Zeiten hinweg – zum Beispiel der firmeneigenen Zeitung „Signa Times“, Objekt Nummer 4.
Auf einen Blick
Die Immobiliengesellschaft Signa Holding hatte Ende November ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Die wichtigsten Unternehmen des breit gefächerten Konzernreichs, Signa Prime und Signa Development, folgten im Laufe des Dezembers.
Zu den Immobilien im Besitz der Signa zählen das Park Hyatt Hotel in Wien, der Rohbau des Hamburger Elbtowers, die Alte Akademie in der Münchener Innenstadt und das Kaufhaus KaDeWe in Berlin. Allein die Konzern-Tochter Signa Prime hält Anteile an 54 Objekten in Luxuslagen.