Songkritik

Ariana Grande bedient sich an Madonnas „Vogue“. Ja, und?

Ariana Grande hat einen neuen Song veröffentlicht.
Ariana Grande hat einen neuen Song veröffentlicht. Katia Temkin
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Musikerin Ariana Grande gibt mit „yes, and?“ ihr musikalisches Comeback. In waghalsiger Anlehnung an einen Ballroom-Klassiker.

Es ist ein gewagtes Unterfangen, einem ikonischen Song Tribut zu zollen. Schnell steht man als mutloser Imitator da. Oder schlimmer noch als selbstgerechter Aufschneider. Wenn ebenjener Song die Hymne einer unterdrückten Community ist, riskiert man den eigenen Namen einmal mehr. „Ja, und?“, wird sich Ariana Grande gedacht haben. Drei Jahre hat die Musikerin keinen Song mehr veröffentlicht, stattdessen stand sie für die Filmversion des Musicals „Wicked – Die Hexen von Oz“ vor der Kamera. In der Comeback-Single „Yes, And?“ zitiert sie nun aus Madonnas House-Klassiker „Vogue“.

Die Queen of Pop war ihrer Zeit gewiss voraus, als sie sich 1990 an Sound und Allüren der queeren Subkultur bediente – und sie ihr nicht entriss. Die Single war vielmehr als Hommage zu lesen, der Titel eine Anlehnung an den Tanz der Ballroom-Szene, die im New York der Siebzigerjahre erwuchs. Musikkritiker prophezeiten „Vogue“ schnell den langlebigen Erfolg, womit sie recht behalten sollten. Rund 30 Jahre später erlebt der Klassiker, auch durch die Fernsehserie „Pose“ (die eine Zeit lang auf Netflix zu sehen war), eine stetige Wiederbelebung. Megastar Beyoncé – eine andere Queen of Pop – mischte „Vogue“ 2022 mit ihrer eigenen, ebenfalls Ballroom-referenzierten Nummer „Break My Soul“, adaptierte bei dieser Gelegenheit Madonnas Rap-Part, indem sie schwarze Ikonen würdigte. Beide Frauen, Madonna wie Beyoncé, eröffneten mit dem Remix die jeweils eigenen Konzerte. Bad Bunny, der streamingstärkste Künstler unserer Zeit, sampelte „Vogue“ auf einem seiner Alben.

Unglücklich zweigleisig

Und nun ist es die Referenz auf Grandes neuer Single (die in gleich acht Versionen daherkommt, samt beschleunigter Version für die Videoschnipselplattform TikTok). Wie schon „Vogue“ zeichnet sich auch „Yes, And?“ durch beschwingte Synthesizer-Drums und helle Pianoeinlagen aus. Auch die Akkorde ähneln sich, und die Bridge wird von Grande gesprochen, wie auch dazumal von Madonna. Die Huldigung scheint aber auf Aufbau und Musik beschränkt. Zwischen den Zeilen schwebt eine andere Geschichte. Was nach „Vogue“ klingt, fühlt sich leer an.

Grande nutzt den Song, um sich am Klatsch abzuarbeiten, und verliert sich damit in einem inzwischen recht gewöhnlichen Pop-Thema: der eigenen Selbstermächtigung. Taylor Swift hat es 2014 mit „Shake It Off“ erfolgreich vorgemacht, nur ohne das Zitat einer Ballroom-Hymne. Die Anlehnung an „Vogue“ und Grandes textliche Zweigleisigkeit führen in „Yes, And?“ zur unglücklichen Vermischung von Popstar-Problemen („Why do you care so much whose **** I ride“) und Kämpfen einer unterdrückten Gruppe („Boy, come on, put your lipstick on“). Wenn auch der Titel freilich ins Ohr geht.

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