Interview

Zugriff auf das Familienarchiv: Wie viel hat es früher geschneit?

Wolfgang Schöner (Professor am Institut für Geographie und Raumforschung der Uni Graz), Christian Palmers und Uni-Graz-Rektor Peter Riedler (v. l.) in Sermilik.
Wolfgang Schöner (Professor am Institut für Geographie und Raumforschung der Uni Graz), Christian Palmers und Uni-Graz-Rektor Peter Riedler (v. l.) in Sermilik.Uni Graz
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Ein Team der Uni Graz bittet Jugendliche in Österreich und Grönland um Fotos aus ihren Familien. Die alten Bilder sollen messbar machen, wie viel Schnee es früher gab.

Die Idee ist simpel: In Österreich gibt es eine lange Zeitreihe an Messungen, wo wann wie viel Schnee lag. In anderen Ländern fehlen solche Informationen. Da es für Klimamodelle wichtig ist zu wissen, wie die Vergangenheit beschaffen war, erstellen Forschende jetzt eine neue Methode: Fotos von früher werden mit den damaligen Messungen verglichen, um dann von Bildern auf Schneehöhen rückschließen zu können.

Die Presse: Wieso hat das Sparkling-Science-Projekt „Snow2School“ Schulen in Grönland als Partner gewählt?

Wolfgang Schöner: Obwohl Grönland so wichtig ist für das Klima der Erde, gibt es von dort kaum Informationen über die Vergangenheit des Schnees. Wir wollen verstehen, wie in Grönland der Klimawandel auf den Schnee wirkt und auch, was das für uns in den mittleren Breiten bedeutet. Uns fehlen aber Daten von genormten Messungen der Schneemengen. 

Und statt auf Messdaten versuchen Sie nun, auf alte Fotos zurückzugreifen?

Ja, Fotos und Filme aus früheren Jahren zeigen oft die Schneesituation. Wir probieren, ob man diese als alternative Quelle für Informationen über den Schnee der Vergangenheit nutzen kann.

Als Partnerschule in Österreich dient das BORG Eisenerz in der Steiermark.

Wir haben eine Region ausgewählt, die nahe bei Graz ist und einen starken Bezug zu Schnee hat. In Österreich haben wir ja seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zuverlässige Messdaten zur Schneemenge an vielen Messstationen. Wir versuchen erstmals, die Fotos von früher mit der wirklichen Schneemenge in Beziehung zu setzen. So erhalten wir eine Methode für annähernd quantitative Aussagen über den Schnee aus Fotos, die wir dann auf Grönland übertragen wollen.

Wieso fragt man die jüngste Generation, wenn man die ältesten Fotos sucht?

Über die Schülerinnen und Schüler können wir die ältere Generation erreichen. Es ergibt sich damit in jeder Familie ein Multiplikatoreffekt durch die Möglichkeit, dass man bei Eltern und Großeltern nachfragt, wie es früher war. Bei der Suche nach den Fotos und Filmen wird viel Bewusstsein über den Klimawandel transportiert. Daher haben wir auch sozialwissenschaftliche Forschungspartner, weil wir die Geschichten hinter den Fotos erfahren wollen.

Welche Motive zeigen die Bilder bisher?

In Österreich dominieren stark der Wintersport und Motive aus der Freizeit. Dazu kommen Extremwetterereignisse, wenn der Schnee bis zum Hausdach reicht oder Straßen tief verschneit sind. In der alpinen Region kommt der Klimawandel in solchen Fotos von früher und jetzt gut zum Ausdruck.

Und wie sieht das in Grönland aus?

Da wird bei den alten Fotos vermutlich weniger die Freizeit im Vordergrund stehen, sondern die Jagd und der Alltag im Schnee. Diese Fotos bekommen wir erst.

Kennen grönländische Jugendliche sich mit den vielen Arten von Schnee aus? Kann man es sich vorstellen wie Fräulein Smillas Gespür für Schnee?

Die Gemeinsamkeiten mit unseren Jugendlichen sind groß, der Zugang zu Schnee ist ähnlich wie bei uns. Diese vielen Wörter für Schnee in der Inuit-Sprache sind eigentlich ein Mythos. Obwohl das Land weit weg ist, ist deren Welt nicht völlig anders als unsere. Auch dort kommunizieren Jugendliche am liebsten mit den Handys und sind international vernetzt.

Wie waren der Start dieses Projekts und die Kooperation mit den Stellen in Grönland bisher?

Wir haben anfangs geplant, mit einer Schule in Ostgrönland in Tasiilaq zu arbeiten, wo die österreichische Forschungsstation Sermilik in der Nähe ist. Wir wollen viel mit der lokalen Bevölkerung zusammenarbeiten. Aber das hat leider nicht geklappt, weil es dort soziale Probleme gibt, die sich gerade auch auf den Schulbetrieb auswirken. Durch ein anderes Projekt konnten wir stattdessen die Zusammenarbeit mit der Schule in Uummannaq in Westgrönland etablieren.

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