Kriminalität

Telefonbetrug: Nur acht Prozent der Opfer erstatten Anzeige

Festnetz und Handynummer öffentlich einsehbar? Das ist keine gute Idee (Archivbild).
Festnetz und Handynummer öffentlich einsehbar? Das ist keine gute Idee (Archivbild).Karl-Josef Hildenbrand / picturedesk.com
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Über 60 Prozent der Betroffenen setzen nach einem Telefonbetrug keine Maßnahmen. Zu groß ist die Scham. Manche nehmen psychologische Hilfe in Anspruch, die wenigsten erstatten Anzeige. Dabei werden die Maschen der Kriminellen immer ausgeklügelter. Auch mithilfe von künstlicher Intelligenz.

Die Meldungen über Telefonbetrug häufen sich. „Hallo Tante Hermine, rate mal, wer da spricht“, könnte etwa eine Fangfrage sein, mit der Verbrecher versuchen, ins Gespräch zu kommen, schreibt das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) in einer aktuellen Aussendung. Dass besonders über 50-Jährige betroffen sind, hat wohl auch damit zu tun, dass von gut einem Drittel die Handynummer im Telefonbuch steht und von einem Fünftel die private Festnetznummer. Das Kuratorium rät, die Nummern löschen zu lassen.

Ohnehin wisse fast jeder über die Existenz von Telefonbetrug Bescheid, aber trotzdem würden immer wieder Menschen darauf hereinfallen. Nicht zuletzt deshalb, weil die Methoden immer ausgeklügelter werden, so Armin Kaltenegger, Leiter des Bereichs Eigentumschutz im KFV. „Telefontricks von heute sind oft akribisch inszeniert und psychologisch durchdacht bis ins letzte Detail. Mittels künstlicher Intelligenz können die Stimmen der vermeintlichen Verwandten sogar bereits täuschend echt nachgeahmt werden, sofern diese den Betrügern bekannt sind.“ Aber auch ganz einfache Betrugsmethoden fallen in allen Gesellschaftsschichten immer wieder auf fruchtbaren Boden. 

Anrufe von Unbekannt? Kommt oft vor

Wie eine Dunkelfeldstudie des KFV zum Thema Telefonbetrug zeigt, bekommt in Österreich ein Fünftel (20 Prozent) der Bevölkerung häufig Anrufe von unbekannten oder unterdrückten Rufnummern. Rund 35 Prozent davon heben bei diesen Anrufen zumindest hin und wieder auch ab. Dabei haben 96 Prozent aller Befragten zumindest schon einmal von Telefonbetrügereien gehört. Am bekanntesten sind Pishing-SMS (83 Prozent), Ping-Anrufe (82 Prozent), Cold-Calls/Cold-SMS (75 Prozent) und Pishing-Anrufe (74 Prozent). Etwas weniger Bekanntheit genießen Call-Bot-Anrufe (55 Prozent), sprich, Anrufe, die mittels spezieller Computerprogramme durchgeführt werden. 

Opfer genieren sich – und schweigen

„Scham und Resignation spielen bei den Opfern von Telefonbetrug noch immer eine große Rolle, sodass nur ein Bruchteil der Delikte angezeigt wird“, so Kaltenegger. Wie die Daten der Dunkelfeldstudie zeigen, setzt eine klare Mehrheit von über 60 Prozent nach dem Entdecken des Telefonbetrugs keine Maßnahmen. Häufigste Reaktion ist, dass der Betrug im Internet öffentlich gemacht wird (16 Prozent). Nur acht Prozent der Betroffenen erstatten tatsächlich Anzeige. Elf Prozent wenden sich an Beratungsstellen, fünf Prozent nehmen psychologische Beratung in Anspruch. Manche gehen zwar zur Polizei, erstatten dann aber doch keine Anzeige. Laut KFV-Dunkelfeldstudie haben bereits fast zwei Drittel der Befragten (63 Prozent) ein- oder mehrmals Pishing-SMS erhalten. Pishing-Anrufe sind ebenfalls ein weit verbreitetes Phänomen (29 Prozent) sowie Ping-Anrufe (21 Prozent). Fast die Hälfte der Befragten (47 Prozent) wurde sogar bereits mit Cold-Calls oder Cold-SMS konfrontiert.

Tipps des KFV zur Vermeidung von Telefonbetrug

• Hören Sie bei Telefonaten auf Ihr Bauchgefühl und lassen Sie sich zu nichts überreden.

• Bleiben Sie sachlich und bewahren Sie einen kühlen Kopf – auch wenn am anderen Ende der Leitung scheinbar die Welt untergeht.  

• Halten Sie nach zweifelhaften Anrufen persönliche Rücksprache mit Vertrauenspersonen aus dem Familien- und Freundeskreis.

„Nichten- und Neffentrick“

• Formulierungen wie „Rat mal, wer da spricht!“ oder „Erkennst du mich denn nicht?“ sollten stutzig machen. Lassen Sie sich auf kein Namen-Raten ein! Verlangen Sie, dass die anrufende Person von sich aus ihren Namen nennt! Wenn es sich tatsächlich um eine nahestehende Person handelt, wird diese der Bitte nachkommen.

• Selbst wenn vermeintliche Verwandte von sich aus ihren Namen nennen und um Geld bitten, ist Vorsicht angebracht. Stellen Sie ihnen eine persönliche Frage, die nur jemand aus dem vertrauten Familienkreis beantworten kann.

• Wenn Ihr Bauchgefühl „Nein“ sagt, beenden Sie das Gespräch und rufen Sie Ihre Nichte, Ihren Neffen oder sonstigen Verwandten unter der gewohnten Nummer an! 

Vorsicht vor falschen Polizisten 

• Auch wenn Sie einen Anruf von einer angeblichen Amtsperson erhalten: Lassen Sie keine fremde Person in Ihr Haus! Sagen Sie, dass für die genannte Sache gerade kein günstiger Zeitpunkt sei. Echte Exekutivbeamte haben Verständnis dafür, Betrüger erhöhen dagegen den Druck, damit Sie in der Leitung bleiben und dem geplanten Verbrechen Tür und Tor öffnen.

• Falls Sie der anrufenden Person bereits telefonisch Zusagen erteilt haben und danach bei Ihnen Zweifel aufkommen, rufen Sie die Polizei.

• Übergeben Sie niemals unbekannten Personen Geld oder Wertgegenstände! Die Polizei holt niemals Geld oder Schmuck von Privathaushalten ab.

Datendiebstahl

• Vorsicht bei WhatsApp-Nachrichten, SMS und E-Mails von unbekannten Absendern. Klicken Sie nicht auf unbekannte Links. Öffnen oder installieren Sie keine unbekannten Dateien und Programme.

• Wehren Sie Phishing-Anrufe mit einem freundlichen, aber bestimmten „Danke, nein!“ ab und legen Sie so schnell wie möglich auf.

• Wenn Ihre Tochter oder Ihr Sohn mittels WhatsApp-Nachricht um Geld bittet: Rufen Sie Ihr Kind am besten unter der gewohnten Nummer zurück und checken Sie die Echtheit der Nachrichten.

• Laden Sie auf Anweisung keine Software herunter, überweisen Sie kein Geld!

Ping-Anrufe

Das Telefon klingelt bei dieser Betrugsmasche nur ganz kurz – und die Rufnummer hat eine ausländische – meist osteuropäische oder afrikanische – Ländervorwahl.

• Heben Sie bei Anrufen von unbekannten Nummern nicht ab und rufen Sie auch nicht zurück! Ein Rückruf könnte zu einer kostenpflichtigen Hotline führen.

• Smartphones bieten die Möglichkeit, Anrufe von bestimmten Nummern zu unterdrücken – nutzen Sie diese Option, um sich vor lästigen Anrufen zu schützen!

Für alle Not- und Zweifelsfälle in Sachen Telefonbetrug gilt: Rufen Sie die Polizei unter der Nummer 133 an. 

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