Stadtentwicklung

Nordbahnsaal: Ein Kino für den zweiten Bezirk

Sonja Harter (Mitte), Jakob Brossmann (letzte Reihe) und Vereinskollegen.
Sonja Harter (Mitte), Jakob Brossmann (letzte Reihe) und Vereinskollegen.Clemens Fabry
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Mit dem Nordbahnsaal hat das gleichnamige Viertel eine neue Anlaufstelle bekommen: für Kino, Konzerte, Konferenzen und ganz viel Kultur.

Noch sind die Aufbauarbeiten voll im Gange. Tische müssen richtig gerückt, Sessel von den oberen Stockwerken heruntergetragen werden. Ein Mann schiebt zwei Kübel mit Farbe herum und natürlich werden auch die Toiletten auf Hochglanz geputzt. Dann endlich geht es mit diesem Wochenende los.

Das Nordbahnviertel im zweiten Bezirk bekommt mit dem Nordbahnsaal einen Veranstaltungssaal für das Viertel. Und damit zieht auch – das ist den Betreibern enorm wichtig – wieder ein festes Kino in den zweiten Bezirk.

Denn der neue Nordbahnsaal spielt, salopp formuliert, alle Stückeln: Er ist mit einem kinotauglichen Projektor, moderner Ton- und Lichtanlage ausgestattet und damit auch ideal für Konzerte. Kleine freilich. Mit Bestuhlung passen derzeit 120 Menschen in den Saal, den man allerdings um einen kleinen Saal erweitern kann. Diejenigen, die so begeistert von Kino und Konzerten oder überhaupt von dem ganzen Saal und dem Haus, in dem er sich befindet, erzählen, sind Sonja Harter und Jakob Brossmann. Erstere ist Kulturjournalistin, Zweiterer Filmemacher und Bühnenbildner und beide sind im Vorstand des Vereins Nordstern, der als hauseigener Verein hier für die Kulturveranstaltungen zuständig sein wird. Beide wohnen aber auch in der Hauswirtschaft. So der Name des gemeinschaftlich entwickelten Genossenschaftshauses. Um das zu verstehen, muss man vielleicht ein bisschen ins Detail gehen.

Gemeinsam bauen und leben

Die Hauswirtschaft, das Haus in der Bruno-Marek-Allee 5, ist Teil einer eher neueren städtebaulichen Entwicklung. Menschen können sich in Gruppen zusammenschließen und dann im Alleingang – oder mit Partnern – Wohnhäuser nach ihren Vorstellungen bauen. Meistens entstehen diese Projekte in neuen Vierteln und sollen zeigen, wie modernes Wohnen (mit vielen Gemeinschaftsräumen) aussehen kann. Außerdem dienen die Projekte oft dazu, die Nachbarschaft zu beleben.

Die Hauswirtschaft etwa bietet zu 50 Prozent Wohn- und zu 50 Prozent Arbeitsfläche. Es gebe im Haus ein Yoga­studio, einen Rechtsanwalt, Psycho- und Physiotherapeuten, einen Gesundheitsbereich für Shiatsu etwa, einen Co-Working-Space, der übrigens noch Plätze freihabe, und bald einen Kindergarten. Außerdem ein hauseigenes Hotel mit neun Zimmern, die ganz normal über Buchungsplattformen gemietet werden könnten, erzählt Harter, die auch Gastgeberin von Nord.Post ist, einem Podcast, der die Entwicklung des Viertels begleitet. „Es ist wirklich immer etwas los hier“, sagt sie und die Begeisterung ist schwer zu überhören. Kein Wunder, alles ist neu hier, hell, freundlich, offen, mit Farbflächen gestaltet. Die Bewohner sind erst vergangenen Herbst eingezogen.

Musik, Lesung, Figurentheater

Auch der neue Nordbahnsaal besticht mit großen Fenstern, die auf den Nordbahnhofpark Freie Mitte zeigen. Vorn ist die Bühne mit Vorhängen bereits für das Eröffnungsfestival hergerichtet. Unter dem Motto „Über Brücken“ spielen hier Musikerin Julia Schreitl, die Musikgruppe Fainschmitz, weiters gibt es ein Figurentheaterstück, ein feministisches Balkanquartett, und Andrea Maria Dusl liest am Samstag aus ihrem Roman „Boboville“ – was freilich im zweiten Bezirk gut passt. Außerdem gibt es am Sonntag um 17 Uhr ein Gespräch zum Thema gemeinschaftliches Bauen und Wohnen unter anderem mit Filmemacherin Lotte Schreiber auf dem Podium.

Für die Lesung von Dusl und das Abschlussgespräch gibt es noch Karten, der Rest ist ausverkauft. Für Harter und Brossmann ist das auch eines der vielen Zeichen, wie sehr das Viertel so einen Saal herbeigesehnt hat. Dafür waren die Anrainer auch bereit, in die Tasche zu greifen. 38.000 Euro wurden mit einem Crowdfunding für den Saal durch die Grätzelbewohner aufgestellt, erzählt Brossmann. „Als private Initiative sind wir ein sehr großes Risiko eingegangen“, fügt er hinzu. Denn die Hauswirtschaft musste die „hochwertige Ausstattung“ komplett selbst stemmen. Mittlerweile subventioniert die Stadt das geplante Kulturprogramm.

Offen für private Veranstaltungen

Klar, dass man jetzt hofft, dass der Saal auch gut genutzt wird. Ab sofort kann er daher auch für Konferenzen, Veranstaltungen etc. gemietet werden. Im Endausbau wird hier auch noch eine Bar eröffnet, für das Festival setzt man auf die Kooperation mit dem nahen Wirtshaus Der Burgenländer. Immerhin soll der Saal das Grätzel beleben und umgekehrt. Geplant hat der Verein Nordstern für das weitere Jahr: Lesungen, regelmäßige Kinoabende mit einer Schiene für Filmklassiker und einer für österreichische Filme, außerdem Konzerte, Kindertheater, und was ihnen sonst noch alles einfällt. Das Programm wird im Newsletter regelmäßig bekannt gegeben.

Von hier aus, sagt Harter und deutet auf den Park vor dem Fenster, sehe man auf die Fläche, wo die alte Nordbahnhalle gestanden sei. Die habe bis zu ihrem Abriss Kultur ins Viertel gebracht. Und irgendwie, scheint es, schließt sich damit der Kreis.

Auf einen Blick

Nordbahnsaal. Der neue Veranstaltungssaal in der Bruno-Marek-Allee 5 soll das (kulturelle) Leben im Nordbahnviertel aufwerten. Geplant ist ein umfassendes Kulturprogramm, weiters kann der Saal für private oder Firmenveranstaltungen gemietet werden. Dieses Wochenende (26.1.–28.1.) findet das Eröffnungsfestival Über Brücken statt. Infos und Karten unter: diehauswirtschaft.at/nordbahnsaal

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