Film-Pionierin

Barbara Albert: „Karriere war für uns kein Thema“

„Manchmal wünsche ich mir, es gäbe nur eine einzige Sprache auf der Welt, damit meine Filme überall verstanden werden können“: Barbara Albert im Metro Kino in Wien.
„Manchmal wünsche ich mir, es gäbe nur eine einzige Sprache auf der Welt, damit meine Filme überall verstanden werden können“: Barbara Albert im Metro Kino in Wien.Jana Madzigon
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Vor 25 Jahren setzte Barbara Albert mit „Nordrand“ Österreichs Kunstkino-Erfolgswelle in Gang. In ihren Filmen stehen Frauen ganz selbstverständlich im Mittelpunkt – heute wie damals. Ein Gespräch.

Zwei junge Frauen aus der Wiener Peripherie irrlichtern vor dem Hintergrund des Bosnienkriegs durch Höhen und Tiefen des Lebens: Barbara Alberts Langfilmdebüt „Nordrand“, mit einer jungen Nina Proll in einer Hauptrolle, eröffnete 1999 mit zwanglosem Realismus und unerhörter Lebendigkeit ein neues Kapitel in der Geschichte des österreichischen Films. Bis heute sprüht das konsequent feministische Schaffen der 53-jährigen Regisseurin, Produzentin und Drehbuchautorin aus Wien – deren jüngster Film, „Die Mittagsfrau“, in Deutschland entstand – vor Energie, Emotionalität und Experimentierfreude. Die „Presse am Sonntag“ traf Albert anlässlich einer laufenden Werkschau im Wiener Metro-Kino zum Gespräch.

Ihr Langfilmdebüt „Nordrand“ gilt als die Initialzündung des „Neuen Österreichischen Films“. Können Sie mit diesem Etikett aus den Nullerjahren noch etwas anfangen?

Barbara Albert: Wir können sehr froh sein, dass wir in Österreich überhaupt so ein Label haben. Hätten wir keines, hätte der österreichische Film nicht so viel Aufmerksamkeit. Wobei es natürlich auch vor mir viele spannende Filmschaffende in Österreich gab. Was stimmt, ist, dass unsere Gruppe von FilmstudentInnen damals alles neu erfinden wollte, indem wir ganz nah an die Realität heranrückten. Die Achtzigerjahre waren artifizieller. Ich war eher geprägt von der schwarz-weißen Rauheit des italienischen Neorealismus, von Filmen aus Russland und der DDR. Trotzdem hatten wir alle unterschiedliche Ansätze: Jessica Hausners Filme sehen anders aus als meine.

Erstaunlich ist, wie viele der Menschen, mit denen Sie damals zusammengearbeitet haben, heute noch sehr erfolgreich sind, von der Schnittmeisterin Monika Willi bis zur Kamerafrau Christine A. Maier.

Ob wir Karriere machen oder nicht, war für uns damals kein Thema, es gab keinen so großen Erfolgsdruck wie heute. Aber eine Energie war da. Wir hatten alle ein starkes künstlerisches Wollen, haben viel Zeit zusammen verbracht und uns regelmäßig über das Filmemachen ausgetauscht. Christine lebte in dieser Zeit in einer großen, preiswerten Substandard-Altbauwohnung am Rochusmarkt, da haben wir uns oft getroffen. Das Lebensgefühl war ein anderes, ohne Ablenkungen wie Smartphones: Du hast halt vorbeischauen müssen.

Steckbrief

Barbara Albert wurde 1970 in Wien geboren. Sie studierte Regie und Drehbuch an der Filmakademie. Schon ihre ersten Kurzfilme sorgten für Aufsehen.

1999 wurde Barbara Alberts erster Langfilm, „Nordrand“, beim Filmfest Venedig uraufgeführt, was die Aufmerksamkeit für den jungen österreichischen Autorenfilm stark steigerte. Es folgten die Filme „Böse Zellen“ (2003), „Fallen“ (2006), „Die Lebenden“ (2012), „Licht“ (2017) und, jüngst, „Die Mittagsfrau“ (2023).

coop99, eine bis heute aktive Produktionsfirma, wurde von Albert 1999 gemeinsam mit dem Kameramann Martin Gschlacht sowie den Regisseuren Jessica Hausner und Antonin Svoboda gegründet.

Seit Oktober 2023 hat Albert eine Professur für Regie an der Filmakademie Wien.

Bis 26. Februar läuft im Wiener Metro-Kino eine Barbara-Albert-Werkschau.

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