NS-Aufarbeitung

Oliver Rathkolb: „Das rassistische Gedächtnis schlug mit voller Brutalität zu“

Die Secession mit Hakenkreuzfahne anlässlich der Propaganda für die „Volksabstimmung“ im April 1938.
Die Secession mit Hakenkreuzfahne anlässlich der Propaganda für die „Volksabstimmung“ im April 1938.Archiv Secession
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Ausgerechnet Gustav Klimts Secession wurde vor 1938 schon zu einer Nazi-Hochburg umgebaut: Historiker Oliver Rathkolb über die überraschenden Ergebnisse seiner Forschungen zur Geschichte der legendären Künstlervereinigung.

Die Presse: Frech gefragt: Die Secession war während der Nazi-Zeit aufgelöst. Was erforscht man da?

Oliver Rathkolb: Wer sich mit der NS-Geschichte kritisch auseinandersetzen will, muss auch die Vor- und Nachgeschichte analysieren. Was mich interessiert, ist der lange Schatten des Antisemitismus, damit man versteht, wie der Pogrom in nur wenigen Tagen nach dem „Anschluss“ 1938 bis in den letzten Winkel der österreichischen Kunstszene vordringen konnte. Unser größtes Problem bei der Aufarbeitung war, dass das gesamte Archiv der Secession in den letzten Kriegstagen in Schloss Albrechtsberg bei Loosdorf in St. Pölten verbrannt, geraubt, verkommen, was auch immer ist.

Wie kam das Archiv dort überhaupt hin?

Es war vom Künstlerhaus, das die Secession 1939 geschluckt hat, mit einigen Kunstwerken dorthin verlagert worden, um es vor Bombenangriffen zu schützen. Und wie es den Anschein hat, muss auch die lokale Bevölkerung es anständig mitgeplündert haben, davon berichtet auch ein zeitgenössischer Brief an Kardinal Innitzer. Mich würde ja auch nicht wundern, wenn die ebenfalls angeblich auf Schloss Immendorf verbrannten Klimt-Universitätsbilder wieder auftauchen würden. Genau aus diesem Grund. Glauben Sie mir!

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