Neue Studie

Jeder Vierte hält Rauchen nicht für krebserregend

Nur etwa 20 Prozent der Lungenkarzinome in Österreich werden im Frühstadium entdeckt, Gesundheitsexperten fordern daher Früherkennungsprogramme.
Nur etwa 20 Prozent der Lungenkarzinome in Österreich werden im Frühstadium entdeckt, Gesundheitsexperten fordern daher Früherkennungsprogramme.Getty Images
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Rund die Hälfte der Bevölkerung fühlt sich einer Umfrage zufolge nicht gefährdet, an Krebs zu erkranken. Insbesondere Männer nehmen kaum Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch.

41 Prozent der österreichischen Bevölkerung beschreiben ihren Gesundheitszustand als „sehr gut“, 33 Prozent als „gut“, weitere 18 Prozent immer noch als „es geht“. Grundsätzlich gilt: Je jünger und gebildeter, desto fitter und gesünder fühlen sich die Befragten. 19 Prozent geben an, bereits einmal eine Krebsvorsorgeuntersuchung in Anspruch genommen zu haben, 51 Prozent haben das bereits mehrmals getan, 27 Prozent noch nie.

Als Hauptgrund dafür, warum sie bisher keine Krebsvorsorgeuntersuchung durchführen ließen, geben die Befragten zumeist an, sich gesund und fit zu fühlen, noch zu jung zu sein und ungern zum Arzt zu gehen. Auch mangelnde Informationen über die Möglichkeiten von Untersuchungen, zu wenig Zeit im Alltag und die Überzeugung, dass jährliche Check-ups beim Hausarzt genügen, geben sie als Motive an.

Das sind die Kernaussagen einer Studie, die vom Pharmaunternehmen MSD Österreich in Auftrag gegeben und vom Marktforschungsinstitut Imas International durchgeführt wurde. Die Ergebnisse präsentierte das Unternehmen zusammen mit Gesundheitsexperten am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien. Persönlich befragt wurden zwischen 11. Oktober und 5. November rund 1000 Personen ab 16 Jahren.

Männer nachlässiger

Eines der beachtlichsten Ergebnisse: Gut die Hälfte der Befragten (52 Prozent) fühlt sich „eher nicht“ oder „überhaupt nicht“ gefährdet, an Krebs zu erkranken, nur 16 Prozent fühlen sich „sehr“ bzw. „eher“ gefährdet. 43 Prozent geben an, bereits mit einem Arzt über ihr persönliches Krebsrisiko gesprochen zu haben, 54 Prozent haben das noch nie getan. Männer ließen in den vergangenen drei bis vier Jahren im Schnitt 1,6 Krebsvorsorgeuntersuchungen durchführen, Frauen 2,6. Bei Männern waren es zumeist Untersuchungen der Prostata und von Muttermalen, bei Frauen Brustkrebsvorsorge und Gebärmutterhalsabstriche.

Diese Resultate sind insofern interessant, als regelmäßige Krebsvorsorgeuntersuchungen für den Großteil der Bevölkerung grundsätzlich von großer Bedeutung sind. Auf einer fünfstufigen Skala vergibt die Hälfte (53 Prozent) die Note 1 (sehr wichtig), weitere 22 Prozent die Note 2. Um diesen Gap zwischen hohem Bewusstsein für Untersuchungen und der geringen Teilnahme daran zu schließen, kann MSD Österreich zufolge die Digitalisierung helfen. Auch deshalb, weil sich die Befragten genau das wünschen. Zur Förderung von Vorsorgeuntersuchungen und als Hilfestellung, empfohlene Vorsorgetermine wahrzunehmen, erachten nämlich 40 Prozent der Befragten eine SMS oder eine E-Mail zur Erinnerung als nützlich.

Zwar fühlt sich die Mehrheit der Befragten ganz gut über Krebsvorsorgeuntersuchungen informiert, aber Luft nach oben gibt es auch hier: Nur ein Viertel vergibt auf einer fünfteiligen Skala die Note 1 (sehr gut), weitere 30 Prozent die Note 2. Zur Erhaltung ihrer Gesundheit vertraut die Bevölkerung im Übrigen vor allem auf frische Luft, soziale Kontakte, Ernährung, Bewegung sowie Verzicht auf Zigaretten, Alkohol und Stress.

Gefahr von Rauchen unterschätzt

Mehr als die Hälfte der Befragten (58 Prozent) schreibt Rauchern ein erhöhtes Krebsrisiko zu, ein Viertel (23 Prozent) ist nicht dieser Meinung, 15 Prozent glauben, es komme auf die Dosis an. Als Grund, die Nikotinsucht zu überwinden, spielte für 70 Prozent der Befragten, die mit dem Rauchen aufgehört haben, ihre allgemeine Gesundheit die wichtigste Rolle. Für 44 Prozent war das Krebsrisiko der Hauptgrund.

Letzteres Motiv ist höchst berechtigt, denn neben dem Alter ist Rauchen der Hauptrisikofaktor für die Entstehung von Lungenkrebs, der mit etwa jedem fünften Krebssterbefall (21 Prozent) bei Männern den ersten Rang unter den krebsbedingten Todesursachen einnimmt. Bei Frauen steht er nach Brustkrebs an zweiter Stelle (17 Prozent). Lungenkrebs gehört mit rund 5000 Neuerkrankungen pro Jahr auch zu den häufigsten und am schnellsten wachsenden Krebsarten überhaupt und steht bei Frauen und Männern jeweils an zweiter Stelle der Krebsneuerkrankungen – bei Männern hinter Prostatakrebs und bei Frauen hinter Brustkrebs. 

Vor diesem Hintergrund weist Bernd Lamprecht, Facharzt für Pneumologie und Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Kepler Universitätsklinikum Linz, auf die Sinnhaftigkeit von präventiven Maßnahmen (Verzichten auf Rauchen und standardisierten Früherkennungsuntersuchungen) hin. „Es ist alarmierend, dass ein Viertel der Bevölkerung das erhöhte Krebsrisiko durch Rauchen nicht wahrnimmt“, sagt Lamprecht, der auch Präsident der Österreichischen Lungengesellschaft ist. „Wir müssen das Bewusstsein schärfen, um das Rauchen einzudämmen und die Anzahl der Lungenkrebsfälle zu reduzieren.“

Früherkennung entscheidend

Zur Verdeutlichung: Nur etwa 20 Prozent der Lungenkarzinome in Österreich werden im Frühstadium entdeckt, fast die Hälfte erst im letzten Stadium (mit der Bildung von Metastasen). Während bei frühzeitiger Diagnose und Therapie die Fünf-Jahres-Überlebensrate rund 90 Prozent beträgt, gibt es bei spätem Erkennen nur eingeschränkte Behandlungsoptionen. Die Prognose ist dann deutlich ungünstiger.

„Wir verfügen über zunehmend mehr Daten, die belegen, dass Lungenkrebs-Screenings die Sterblichkeit senken. Denn mittels regelmäßiger Low-Dose-Computertomographie-Untersuchungen wird Lungenkrebs in frühen Stadien entdeckt, in denen eine Heilung fast immer möglich ist“, sagt Lamprecht. „Die Sterblichkeit bei Risikogruppen wurde so in einem Beobachtungszeitraum von zehn Jahren um rund 20 Prozent reduziert, bei Frauen sogar um 40 bis 60 Prozent.“

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