Frankreich

Mutter zog zu Partnerin: Volksschüler lebte zwei Jahre alleine in Sozialwohnung

Symbolbild.
Symbolbild.Imago / Thomas Trutschel/photothek.de
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Ein Neun- bzw. später Zehnjähriger lebte zwei Jahre lang mehr oder weniger alleine in einer Sozialwohnung in Frankreich, seine Mutter war zu ihrer neuen Freundin gezogen und schaute nur selten vorbei. Sie wurde zu sechs Monaten Fußfessel verurteilt.

Ein Gerichtsprozess in Angoulême, in Frankreich, brachte die Geschichte eines Buben an die Öffentlichkeit, der zwei Jahre lang im Alter von neun bis elf, sich selbst überlassen wurde. Ganz alleine bewältigte der Bub den Alltag, ging zur Schule, versorgte sich selbst mit Essen. Seine Mutter? Die hatte sich Medienberichten zufolge ganz ihrer neuen Familie in einem Nachbarort gewidmet - und ihren Sohn zurückgelassen.

2011 war die Frau mit zwei Söhnen in die Stadt Nersac mit rund 2400 Einwohnern gezogen. Die Gemeinde liegt nordwestlich von Bordeaux. Ein Jahr später verliebte sie sich offenbar in eine Frau, die in mehreren Kilometern Entfernung mit eigenen Kindern lebte. Der ältere Sohn jener Frau, die nun vor Gericht gestanden war, zog bald zu seinem Vater. Der jüngere blieb ab 2020 alleine in Nersac zurück, als seine Mutter immer mehr Zeit im Nachbarort verbrachte - Medienberichten zufolge in einer ungeheizten Wohnung.

Laut der Zeitung „La Charente libre“ ernährte sich das Kind von Kuchen und kalten Konservendosen und stahl manchmal Tomaten von einem Balkon des Sozialwohnungsgebäudes, in dem er in Nersac lebte. Es habe Zeiten gegeben, in denen er weder Heizung noch Strom hatte und gezwungen war, sich mit kaltem Wasser zu waschen.

„Sauber, guter Schüler, machte seine Hausaufgaben“

In der Schule fiel lange niemandem auf, dass er auf sich alleine gestellt ist. Barbara Couturier, die Bürgermeisterin der Gemeinde, erklärt gegenüber „France Bleu La Rochelle“, dass nichts auf die prekäre Situation des Kindes hingedeutet habe: „Ich fordere jeden heraus, diese Situation zu erkennen: sauber, guter Schüler, er machte seine Hausaufgaben. Ich denke, es war auch eine Art Schutz, den er sich umlegte, um zu sagen: ‚Alles ist gut‘“.

Die Mutter soll nur gelegentlich vorbeikommen sein und Tiefkühlpizzen und Busfahrkarten vorbeigebracht haben. 2022 erst fiel die Vernachlässigung des Buben auf. Nachbarn hätten besorgt die Polizei verständigt. Der Bub kam in eine Pflegefamilie. Behauptungen der Mutter, sie habe sich oft um ihren Sohn gekümmert, wurden vor Gericht mithilfe von Handydaten widerlegt. Nachbarn sagten aus, dass das Kind alleine gelebt habe. Die Polizei hat außerdem einen leeren Kühlschrank und keinerlei Erwachsenenkleidung bei ihren Ermittlungen in der Wohnung aufgefunden. Das Gericht verurteilte die Frau wegen Kindesgefährdung zu sechs Monaten Fußfessel. (Red.)

>> Der Artikel auf „France Bleu“

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