Serie: Gefühlssache

Geben Sie‘s zu: Sie sind doch nur neidisch!

Hat der Nachbar ein neues Auto, das Sie selbst gern hätten?
Hat der Nachbar ein neues Auto, das Sie selbst gern hätten?Christine Pichler
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Neid ist eine Emotion, über die niemand gern spricht. Dabei hilft sie uns, uns in der Gesellschaft zu verorten und Ungerechtigkeiten anzuklagen.

Auf einer Skala von 1 bis 7, wie schwer fällt es Ihnen auszuhalten, dass ein anderer klüger ist als Sie? Oder fühlen Sie sich vielleicht unwohl, wenn ihr Gegenüber hübscher ist als Sie oder Ihre Nachbarin etwas besitzt, dass Sie sich nicht leisten können? Diese Fragen sind einer deutschen Studie entnommen, welche sich daran versuchte, persönliche Neidgefühle über die Dauer mehrerer Jahre zu erfassen. Neid schlüsselten die Studienautorinnen Elina Erz und Katrin Rentzsch anhand dreier Dimensionen auf: Attraktivität, Kompetenz und Reichtum. Das Ergebnis: Worauf sich der Neid bezieht variiert individuell, die Tendenz zu Neid bleibt über die Jahre allerdings recht stabil und erweist sich bei Frauen und jungen Menschen ein klein wenig stärker ausgeprägt.

Neidfähig ist natürlich jede und jeder, nur zugeben tut es kaum jemand. Das Gefühl ist weitgehend verschrien, nicht zuletzt durch den politisierten Begriff der „Neiddebatte“. „Noch nie ist jemand zu mir in die Praxis gekommen und meinte, er wolle gern an seinem Neidempfinden arbeiten“, sagt Psychotherapeutin Silvia Korlath. „Nur unter Geschwistern wird Neid noch am ehesten gesellschaftlich akzeptiert“, sagt Korlath. Sie arbeitet mit einem gruppendynamischen Ansatz, der menschliches Verhalten innerhalb sozialer Gefüge verstehen will. „Neid ist ein Affekt, der gelebt wird und nicht besprochen. Es ist oft die Arbeit der Psychotherapie ihn überhaupt erst besprechbar zu machen“, sagt Korlath. Neid ist eine emotionale Reaktion auf sozialen Vergleich: Es tut weh, wenn man sieht, dass ein anderer hat, was man selbst gern hätte und nicht haben kann.

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