Morgenglosse

Budgetloch? Welches Budgetloch?

Kanzler Karl Nehammer (ÖVP)
Kanzler Karl Nehammer (ÖVP)APA / APA / Helmut Fohringer
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Steuersenkungen hier, Boni und Staatshilfen dort: Die Parteien überbieten sich in kostspieligen Forderungen, mit konkreten Sparvorschlägen hält man sich kaum auf. Dabei wüchse der Schuldenberg in den kommenden Jahren auch so schon massiv.

Es liegt in der Natur von Wahljahren, dass Spargedanken Pause haben, und das Superwahljahr 2024 macht da offenkundig keine Ausnahme. Eine Kostprobe lieferte Kanzler Karl Nehammer am vergangenen Freitag bei der Präsentation seines „Österreichplans“: Er kündigte großflächige Lohnsteuersenkungen an, staatliche Kredite und Steuererleichterungen für den Eigentumserwerb, Vollzeit-Boni und dergleichen mehr. Die versprochene Lohnnebenkostensenkung würde zwar per se nicht den Staatshaushalt belasten, letztlich könnte es aber trotzdem dazu kommen, wenn manche Leistungen künftig aus dem Budget finanziert werden anstatt beispielsweise von den Arbeitgebern.

Nicht falsch verstehen: Es ist ja wirklich hoch an der Zeit, etwas gegen die vergleichsweise geringe Eigentumsquote beim Wohnen zu unternehmen; alle sind sich einig, dass der Faktor Arbeit zu hoch besteuert ist, dafür ist die Vollzeit-Quote zu niedrig. Nehammers Programm trifft also durchaus wichtige Punkte. Allein: Was all das genau kosten soll, darüber wurde von der ÖVP bisher wenig geredet. Erst Tage später rückte der Finanzminister mit Vorschlägen zur Gegenfinanzierung aus, allzu weit ins Detail ging aber auch er dabei nicht.

Andere halten sich mit derlei Rechnereien gleich gar nicht auf. Die FPÖ etwa forderte in den vergangenen Monaten mehr Geld für nahezu alles und jeden: Die blaue Palette reicht von einer Wiedereinführung der Hacklerregelung für abschlagsfreie Frühpensionen und strukturell viel stärkere Pensionserhöhungen über (Teil-)Streichungen von Mehrwertsteuer und Mineralölsteuer bis hin zu Sozialversicherungsbefreiungen, einer höheren Pendlerpauschale und dem Ende der Co2-Abgabe. Dabei hat die FPÖ ihr Wahlprogramm noch nicht einmal präsentiert. Die Co2-Abgabe aussetzen will übrigens auch die SPÖ, ebenfalls fordern die Sozialdemokraten die Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. Außerdem planen die Roten massiv in den Gesundheitsbereich zu investieren, sie wollen Gratis-Mittagessen für Kinder, ein höheres Arbeitslosengeld und so fort.

Das Wahljahr 2024 startet also in puncto Ankündigungen ganz normal. Keineswegs aber in budgetären Fragen: Wir starten nämlich nicht einmal annähernd bei null – und damit ist nicht der aktuelle Schuldenstand gemeint, sondern die prognostizierten Budgetlöcher der kommenden Jahre. Der Finanzrahmen für die nächsten Jahre sieht allein jetzt schon ein Milliardendefizit nach dem anderen vor. 2025 geht die Regierung von einem 20-Milliarden-Budgetminus aus, selbst im Jahr 2027 rechnet man noch mit einem Loch im Haushalt von etwa 17 Milliarden Euro. Ohne die Kosten etwaiger Wahlversprechen, wohlgemerkt. Von größeren Eingriffen in das Pensionssystem, dessen Kosten seit Jahren regelrecht davon galoppieren, ist trotzdem weit und breit keine Rede.

Aber es liegt eben in der Natur von Wahljahren, dass Spargedanken Pause haben.

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