Umweltrelevante Technik

Wenn es flott gehen muss, ist Fehler vermeiden umso wichtiger

Ernst Csencsics von der TU Wien leitet das neue Christian-Doppler-Labor für Präzise Messungen in Bewegung.
Ernst Csencsics von der TU Wien leitet das neue Christian-Doppler-Labor für Präzise Messungen in Bewegung.TU Wien
  • Drucken

Hightech überwacht die industrielle Fertigung und hilft so, Rohstoffe und Energie zu sparen. Die Christian-Doppler-Gesellschaft eröffnete diese Woche zwei weitere Forschungseinrichtungen, deren Ergebnisse unter anderem dem Klimaschutz zugutekommen.

Ob es um Solarzellen, Batteriefolien oder andere Präzisionsgeräte mit fein strukturierten Oberflächen geht: In der automatisierten Fertigung werden sie mit einer Geschwindigkeit von mehreren Metern pro Sekunde von einem Herstellungsschritt zum nächsten weitergejagt.

„Bei solchem Tempo, noch dazu in vibrationsreicher Umgebung, ist es mit derzeitigen Messmethoden unmöglich, diese Strukturen während des laufenden Produktionsprozesses in 3-D mit einer Zuverlässigkeit zu überprüfen, die Messungen unter kontrollierten Laborbedingungen gleichkommt“, sagt Ernst Csencsics vom Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik der TU Wien (Acin).

Prüfen, während die Maschinen rennen

Er leitet das neue Christian-Doppler-Labor für Präzise Messungen in Bewegung, das sich zum Ziel gesetzt hat, mithilfe von optischen Sensoren, mechatronischen Elementen und innovativer Regelungstechnik die Basis dafür zu schaffen, die Genauigkeit von Oberflächenüberprüfungen direkt in der Fertigungslinie zu erhöhen. Csencsics veranschaulicht die Herausforderung anhand eines Vergleichs: „Das ist, als versuche man, ein scharfes Foto von einem vorbeifliegenden Vogel zu schießen.“

Noch dazu geht es in der industriellen Produktion um die Erfassung von Oberflächenstrukturen im Tausendstel-Millimeter-Bereich. Und als ob das nicht genug wäre, bereiten dem Forschungsteam die Vibrationen in der Fertigungshalle das größte Kopfzerbrechen. Denn dadurch bewegt sich jedes Werkstück nicht nur schnurstracks in einer horizontalen Ebene weiter, sondern auch ständig auf und ab. „Um da exakte Messergebnisse zu erzielen, gibt es zwei Möglichkeiten“, erklärt Csencsics. „Eine ist, die Relativbewegung zwischen Messsystem und Objekt zu erfassen und in Echtzeit zu kompensieren. Die andere, das Messergebnis durch Kenntnis der Bewegungen von Objekt und Messsystem im Nachhinein rechnerisch zu korrigieren.“

»Das ist, als versuche man, ein scharfes Foto von einem vorbeifliegenden Vogel zu schießen.«

Ernst Csencsics

Acin, TU Wien

Neuartige Sensoren sollen helfen, die Vibrationsbewegungen exakt zu registrieren. Um intelligente Korrekturstrategien zu entwickeln, müssten darüber hinaus lernbasierte Algorithmen zur Verarbeitung der Messdaten gefunden und gegenseitige Abhängigkeiten der einzelnen Systemkomponenten berücksichtigt werden.

Das alles soll im Rahmen der Forschung zusammen mit dem Industriepartner, den Unternehmen der Micro-Epsilon-Gruppe, geleistet werden, sagt Csencics. „Der Vorteil von hochpräzisen Messungen während der laufenden Produktion ist, dass man – im Gegensatz zu Labormessungen im Nachhinein – Fehler sofort entdecken und damit den Ausschuss reduzieren kann. Damit spart man Rohstoffe und Energie.“ Darüber hinaus kommen die Forschungsergebnisse unter anderem umweltrelevanten Technologien wie eben der Herstellung von Solarzellen oder Batterie-Bauteilen zugute.

Fehlervorhersage in Kapfenberg

Am Standort Kapfenberg der Fachhochschule Joanneum hat vor wenigen Tagen das ­Josef-Ressel-Zentrum für zeitreihenbasierte Fehlervorhersage und -vermeidung die Forschungsarbeit aufgenommen. Leiter ist Joachim Schauer vom Institut für Software Design and Security. Er will mit seinem Team unter anderem die Ausfallhäufigkeit von Messgeräten des Unternehmenspartners AVL DiTest verringern.

Diese Geräte überprüfen die umwelt- und klimaschädigenden Partikelemissionen von Dieselfahrzeugen und werden von Kfz-Werkstätten sowie von Prüforganisationen eingesetzt. Aus Daten von rund 20.000 Messsystemen sollen Rechenmodelle und künstliche Intelligenz künftig ableiten, wann sich ein Defekt abzeichnet. So können im Sinne der vorausschauenden Wartung riskante Datenkonstellationen erkannt und rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden, um einen Ausfall zu verhindern.

Auf ähnliche Weise sollen Daten von Abläufen bei der Herstellung von nahtlosen Stahlrohren der Voestalpine Tubulars in Kindberg zuverlässige Vorhersagen über drohende Fehler in Produktionsprozessen oder gar über Maschinenausfälle erlauben. Damit ließe sich der Ausschuss reduzieren und reparaturbedingte Maschinenstillstände durch frühzeitiges Erkennen von Problemen verhindern. Bis in fünf Jahren will das Forschungsteam ein generalisiertes Fehlervorhersagemodell entwickelt haben.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.