Energieeffizienz

Ganz schonend das Gute aus der Pflanze herausholen

Katharina Stollewerk koordiniert das Projekt „Pex Net“, das Pflanzenextrakte schonender herstellen will.
Katharina Stollewerk koordiniert das Projekt „Pex Net“, das Pflanzenextrakte schonender herstellen will.ACR/Schewig-fotodesign
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Über 300 Unternehmen in Österreich haben mit Pflanzenextrakten zu tun. Ein neues Projekt verbindet nun die Wünsche der Branche mit einer umweltschonenden Extraktionsmethode: Als Lösungsmittel dient n-Butan statt Aceton oder CO2.

Pflanzenextrakte umgeben uns überall: nicht nur in Lebensmitteln (Farb- und Geschmacksstoffe) und Kosmetik (z. B. Aloe vera oder Jojobaöl), sondern auch in Wellnessprodukten, Vitaminpräparaten und Reinigungsmitteln. „Seifen, Duft- und Badeöle, Tee und andere Getränke enthalten Essenzen aus Pflanzen. Aber auch eine Reihe von medizinischen und Pharmaprodukten nutzt Auszüge von Pflanzen“, sagt Katharina Stollewerk von der Lebensmittelversuchsanstalt (LVA) in Klosterneuburg.

„Für pflanzliche Desinfektionsmittel werden die antibakteriellen Eigenschaften von Pflanzenextrakten immer interessanter“, sagt Stollewerk, die das Projekt „Pex Net“ koordiniert. Darin soll ein Konsortium aus ACR-Mitgliedern (Austrian Cooperative Research) den Wert von umweltschonenden Extraktionsmethoden messbar machen. Mit dabei: die Lebensmittelversuchsanstalt (LVA), die Güssing Energy Technologies (GET) und das Industriewissenschaftliche Institut (IWI).

Die Anlage steht in Güssing

Der Markt für Pflanzenextrakte ist riesig und wächst schnell. Herkömmliche Methoden extrahieren die Pflanzeninhaltsstoffe teilweise mit gesundheitlich bedenklicheren Lösungsmitteln wie Aceton oder CO2. „Wir setzen auf die schonende Extraktion mit n-Butan als Lösungsmittel. Das ist ein Flüssiggas, und wir verzichten auf den Einsatz von CO2“, sagt die Forscherin.

Die Butanextraktionsanlage in Güssing kann für alle möglichen Pflanzen und ihre Essenzen eingesetzt werden. Der Start des „Pex Net“-Projekts bestand darin, die gesamte Branche in Österreich zu durchforsten: Wer braucht Pflanzenextrakte, wer produziert welche, wer verwendet sie? „Mithilfe des IWI haben wir über 300 heimische kleinere und mittlere Unternehmen gefunden, die mit Rohstoffbeschaffung, Verarbeitung oder Verkauf zu tun haben“, erzählt Stollewerk. An alle wurden Fragebögen verschickt, um zu erfahren, was sich die Branche wünscht. „Mehr als die Hälfte der Leute, die geantwortet haben, sehen einen hohen Entwicklungsbedarf bei den Extraktionsmethoden.“

Es geht um die Produktion innerhalb von Österreich, aber auch um Energiesparen und Umweltschonen. Die Hauptfrage bei „Pex Net“ ist jetzt: Kann die umweltfreundliche Butanmethode Pflanzenextrakte in der gleichen Qualität liefern, wie die Marktteilnehmer von herkömmlichen Methoden gewöhnt sind? „Wir möchten den Zusammenhang zwischen Extraktionsmethode und der Qualität des jeweiligen Auszugs messbar und vergleichbar machen“, sagt die Lebensmitteltechnologin.

Derzeit treibt Hanf die Branche an

Die Ergebnisse werden öffentlich gestellt, um weltweite Vergleiche und Forschungen zu fördern. Welche Eigenschaften hat ein Extrakt, das bei diesem und jenem Druck oder bei niedriger bzw. höherer Temperatur gewonnen wurde? Ändern sich mit den Bedingungen die Wirkstoffkonzentrationen oder die Pestizidbelastung der Essenz? „Das Forschungsfeld ist sehr groß, und wir wollen mit drei oder vier Produkten starten, die für den heimischen Markt wichtig sind.“ Derzeit treibt Hanf die Branche stark an: Die Essenzen daraus wie CBD und andere Öle erleben eine hohe Nachfrage. Auch Heilpflanzen und Kräuter stehen im Fokus des Projekts: So haben beispielsweise Rosmarin und Oregano antibakterielle Eigenschaften, die in Zukunft genutzt werden sollen.

„Unsere Anlage kann das gesamte Butan, das für die Extraktion gebraucht wird, reinigen und wiederverwenden“, betont Stollewerk einen weiteren energiesparenden und klimafreundlichen Aspekt der Technik. Das moderne System arbeitet zudem schneller, braucht weniger Druck und sanftere Temperaturen als die CO2-Methode. „Unternehmen können sich dann bei uns ansehen, wie man solche Anlagen baut und mit welchen Bedingungen die gewünschte Qualität der Extrakte erreicht wird.“

Kontakt aufnehmen mit der Branche

In diesem Sinn hat Katharina Stollewerk auch einen Appell an die Öffentlichkeit: „Um diese Dienstleistung besser auszugestalten, suchen wir noch Unternehmen, die ihren Input in das ‚Pex Net‘-Projekt einbringen.“

Jede Firma in Österreich, die mit Pflanzenextrakten zu tun hat, kann sich auf www.pexnet.at/kontakt.html melden, damit die Perspektive der Anwenderseite nicht zu kurz kommt.

Lexikon

Die Lebensmittelversuchsanstalt (LVA) ist Teil des ACR-Netzwerks (Austrian Cooperative Research): Die Institute des Dachverbands ACR leisten Forschung und Entwicklung für kleinere und mittlere Unternehmen.

Pflanzenextrakte werden durch Extraktion aus Pflanzen gewonnen. Nicht nur in der Naturheilkunde kennt man diese Essenzen, sondern die Inhaltsstoffe aus Pflanzen landen auch in Cremen, Seifen, Getränken, Lebensmitteln und pharmazeutischen Produkten.

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