EU-Wahl

Lopatka: „Kickl hat die FPÖ zur Führerpartei gemacht“

Der 64-jährige Ex-Klubchef Reinhold Lopatka führt die ÖVP-Liste bei der EU-Wahl im Juni an.
Der 64-jährige Ex-Klubchef Reinhold Lopatka führt die ÖVP-Liste bei der EU-Wahl im Juni an. Clemens Fabry
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ÖVP-Spitzenkandidat Reinhold Lopatka spricht über Wahlziele, Asylpläne, EU-Armee – und FPÖ-Chef Herbert Kickl. Die Kurz-Ära der ÖVP, in der er innenpolitisch „verschwunden“ war, will er noch nicht bewerten.

Die Presse: Vergangene Woche rief Ihnen Karl Nehammer bei seiner Kanzlerrede von der Bühne aus zu: „Danke, Reinhold, dass du dir das antust!“ Ist die Spitzenkandidatur bei der EU-Wahl denn so eine Zumutung? 

Reinhold Lopatka: Keinesfalls ist es eine Zumutung. Aber natürlich weiß Bundeskanzler Nehammer, was Wahlkampf bedeutet. Da tut man sich tatsächlich etwas an, weil man Tag und Nacht unterwegs ist. 

Haben Sie sich aktiv um die Spitzenkandidatur beworben? 

Das habe ich nicht. Ich habe mich nur am Beginn meiner Laufbahn bei der Kandidatur für den Landtag (im Jahr 1986, Anm.) aktiv beworben. Danach wurde ich immer in der Oststeiermark aufgestellt. 

Wie haben Sie reagiert, als Nehammer Sie um den Antritt bat?

Ich war überrascht. Es war ja relativ spät, schon im Dezember. Sie haben mich an diesem Tag übrigens noch vor dem Kanzler angerufen, als Sie gefragt haben, ob ich antrete. Zuvor haben also offenbar andere Menschen Gespräche darüber geführt.

Sie waren ab der Parteiübernahme von Sebastian Kurz nun rund sieben Jahre weg aus der ersten Reihe. Im Rückblick: Wie sehen Sie die Kurz-Obmannschaft?

Erstens: Welche erste Reihe? Sie reden von Österreich. Ich rede von politischer Arbeit. Und da war ich sehr wohl in der ersten Reihe, etwa als Vizepräsident in der parlamentarischen Versammlung der OSZE und des Europarates. Aus der Innenpolitik war ich verschwunden. Auch, weil parlamentarische Europa- und Außenpolitik kaum auf Interesse stößt. 

Und die Kurz-Zeit? 

Es ist noch zu früh, sie zu beurteilen. Viele Fragen sind noch offen, wie die gerichtsanhängigen Verfahren. 

Wie lautet Ihr Wahlziel? Umfragen prognostizieren der ÖVP ein zweistelliges Minus. 

Bei Europawahlen ist das Ergebnis der EVP entscheidend. Wir werden unseren Beitrag leisten, dass die EVP die mit Abstand stärkste Fraktion im Europäischen Parlament bleibt.

Und national? 

Wir kämpfen mit der FPÖ um Platz eins. 

Othmar Karas, ihr Vorgänger als Spitzenkandidat, wandte sich von der ÖVP ab, weil sie seiner Ansicht nicht mehr „Kraft der Mitte“ sei. Ist das so?

Ich sehe das anders. Die SPÖ ist unter Andreas Babler nach links und die FPÖ mit Herbert Kickl nach rechts gerückt. Wir waren und sind die Kraft der Mitte.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Karas?

Sehr gut. EU-Kommissar Johannes Hahn und ich waren schon in der Schülerunion seine Stellvertreter und sind dann gemeinsam in die Junge ÖVP gewechselt. Er hat mir ehrlichen Herzens zur Kandidatur gratuliert. Diese Woche sprach er wie ich im Nationalrat, zwischen seine und meine Aussagen passt kein Löschblatt. 

Etwas mehr als ein Löschblatt passt in der Migrationsfrage zwischen Karas und die ÖVP. Im Dezember wurde ein neuer Asylpakt beschlossen. Reicht der aus, um die Probleme zu lösen? 

Wir brauchen mehr. Es wird nie den lückenlosen Außengrenzschutz geben. Daher müssen wir es schaffen, dass niemand mehr einen Vorteil daraus zieht, dass er nach Österreich, Deutschland oder Schweden kommt. Also muss man alle Verfahren in Transitzonen an der Außengrenze oder in Drittstaaten abwickeln. Damit fällt weg, dass sich jemand Schleppern ausliefert, weil er ohnehin an die Transitzone zurückgeschickt wird.

Die Blockade des Schengen-Beitritts von Rumänien und Bulgarien hat neben diplomatischer Zerwürfnisse auch negative wirtschaftliche Folgen. Wann lässt die Regierung das Veto fallen?

Das Schengen-Veto war aus unserer Sicht ein notwendiger Aufschrei, um auf EU-Ebene gehört zu werden und das Thema Migration zu einer Priorität zu machen.

Die Frustration in Sofia und Bukarest rührt wohl auch daher, dass die Aufgabe des Vetos an keine konkreten Bedingungen geknüpft ist.

Die ÖVP verknüpft Schengen mit dem Paradigmenwechsel in der Migration. Ein ganz wichtiger Schritt ist mit dem Beschluss zum Asyl- und Migrationspaket im Dezember getan, nun muss die Kommission intensiv an der Umsetzung arbeiten. 

Wie beurteilen Sie die erste Amtszeit von Ursula von der Leyen?

Sie kann wie in den letzten Wochen durchaus auf Erfolge verweisen: Die Regelung bei der künstlichen Intelligenz macht Europa zum Vorreiter, und zuletzt gab es große Fortschritte bei der Migrationsfrage.  

Beim Klimaschutz ist sie vielen Konservativen zu ambitioniert.

Europa muss ein starker Industrie- und Wirtschaftsstandort bleiben. Nur Öko ist zu wenig, nur Wirtschaft auch. Aber die Wirtschaft leidet schon sehr unter der Überregulierung durch die EU. In diesem Bereich habe ich mir von Präsidentin von der Leyen mehr erwartet. 

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