Europäische Union

Gesetz zu „ausländischer Einmischung“: EU leitet neues Verfahren gegen Ungarn ein

Orbán bei einem Treffen der Regierungschefs in Brüssel.
Orbán bei einem Treffen der Regierungschefs in Brüssel.APA / AFP / Ludovic Marin
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Ungarns Premier Orbán will eine neue Regierungsbehörde für „Souveränität“ schaffen. Brüssel sieht darin ein Mittel zur Einschränkung von Meinungsfreiheit und Grundrechten.

Wegen des Verdachts auf massive Grundrechtsverstöße leitet die EU-Kommission ein neues Verfahren gegen Ungarn ein. Nach Kommissionsangaben vom Mittwoch geht es um ein Gesetz, mit dem die Regierung von Viktor Orban „ausländische Einmischung“ verhindern will. In der damit geschaffenen Regierungsbehörde zur Überwachung der staatlichen „Souveränität“ sieht Brüssel ein Mittel zur Einschränkung der Meinungsfreiheit und anderer europäischer Grundrechte in Ungarn.

Die in der Verfassung verankerte Behörde hat zur Aufgabe, „Organisationen ausfindig zu machen und zu untersuchen, die Finanzmittel aus dem Ausland erhalten und darauf abzielen, den Wählerwillen zu beeinflussen“. Das „Gesetz zum Schutz der Souveränität“ und die Ende Jänner eingesetzte Behörde schränken nach Ansicht der Kommission unter anderem „das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten, die Meinungs- und Informationsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit und das Wahlrecht der EU-Bürger“ ein, wie es in einer Brüsseler Erklärung heißt. Die Regierung in Budapest hat nun zunächst zwei Monate Zeit, um auf die Vorwürfe zu reagieren.

Ungarn droht Klage vor dem Europäischen Gerichtshof

Im äußersten Fall drohen Ungarn eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und mögliche Zwangsgelder. Wegen verschiedener Grundrechtsverstöße etwa beim Asylrecht sind derzeit rund 20 Milliarden Euro an EU-Hilfen für Ungarn eingefroren.

Monika Vana, Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im Europaparlament, begrüßte das sogenannte Artikel-7-Verfahren gegen Ungarn, kritisierte aber, dass dies „sehr spät“ komme. „Seit Jahren wird durch Viktor Orbán die systematische Aushöhlung des Rechtsstaates weiter fortgesetzt, Zivilgesellschaft und Oppositionelle durch jüngste Gesetzesänderungen mundtot gemacht und Minderheitenrechte ausgehebelt“, so Vana in einer der APA übermittelten Stellungnahme. Orban müsse die Ratspräsidentschaft (Ungarn übernimmt diese mit 1. Juli, Anm.) entzogen werden, „alle zur Verfügung stehenden Mittel müssen ausgeschöpft werden, um die Rechtsstaatlichkeit sicherzustellen“, forderte sie.

Vilimsky: Verfahren „absurd“

Harald Vilimsky, freiheitlicher Delegationsleiter im Europaparlament, bezeichnete das Verfahren als „absurd“. Die EU selbst habe ein Gesetz in Planung, mit dem ausländischer Einfluss in der Union bekämpft werden solle. „Warum dasselbe in Ungarn jetzt gegen die Meinungsfreiheit verstoßen soll, erschließt sich wirklich niemandem mehr. Oder man kann es auch umgekehrt sehen: Wenn das in Ungarn gegen die Meinungsfreiheit verstößt, dann gilt dasselbe natürlich auch für die EU“, so Vilimsky in einer Aussendung. Die EU-Kommission führe einen „richtiggehenden Feldzug“ gegen Ungarn. (APA/AFP)

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