Nachruf

Peter Loidolt ist tot: Er war der temperamentvolle Impresario von Reichenau

Peter Loidolt, Mitbegründer und bis 2021 langjähriger Intendant der Festspiele Reichenau.
Peter Loidolt, Mitbegründer und bis 2021 langjähriger Intendant der Festspiele Reichenau.APA / APA / Georg Hochmuth
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Peter Loidolt, der erfolgreiche Theatermacher und Festspiel-Unternehmer, ist 78-jährig den Folgen einer langen Erkrankung erlegen.

„Da gibt‘s keine Tür! Aus!“: Schauspieler des stets illustren sommerlichen Theaterensembles im niederösterreichischen Reichenau erinnern sich lebhaft an solch kraftvolle Entscheidungen des Impresarios. Nachdem man darüber diskutiert hatte, ob in einer bestimmten Situation des Dramas der Protagonist unbedingt durch eine Tür abgehen müsste. Erübrigt sich zu sagen, dass es keine Tür gab, das Stück aber nach dem Urteil von Publikum und Presse glänzend funktionierte.

Peter Loidolt, der Temperamentvolle, war nicht nur Intendant der Festspiele Reichenau, die er mit seiner Frau Renate ins Leben gerufen und mehr als drei Jahrzehnte lang bis 2021 erfolgreich geleitet hat. Er war auch der Bühnenbildner. Anders als die Fama gern wahrhaben möchte, war der gewiefte Manager auch Künstler. In seinem Atelier schuf er ausdrucksvolle Porträtgemälde und in liebevoller Handarbeit die Modelle für die Bühnenbilder der kommenden Saison.

Die Loidolts waren Generalunternehmer in Sachen Theater. Sie hatten eine Nase dafür, was das Publikum zur Sommerszeit gern sehen möchte. Und vor allem: Wie es die Stücke sehen möchte, möglichst unverzerrt durch den Regietheater-Zeitgeist nämlich, und in Dekors, die irgendwie an jene Landschaften und Räume erinnern, die im Text als „Ort der Handlung“ genannt sind. Die Tatsache, dass sie sich als begeisterte Theaterbesucher immer mehr mit den Auswüchsen der Verfremdungswut konfrontiert sahen, war nicht ganz unwesentlich dafür, dass Renate und Peter Loidolt zur Selbsthilfe griffen.

Initiative zweier Theaternarren

Die beiden taten, wovon insgeheim viele Kulturmenschen träumen: Sie gründeten ihr eigenes Festival, bei dem Werke im Zentrum stehen sollten, die mit dem Land um Wien innig verbunden sind und deren Spieltradition in den eingesessenen urbanen Theatern mehr und mehr untergraben wurde. In Reichenau sollten Schnitzler oder Nestroy wieder fröhliche Urständ treiben.

Das war gut gedacht. Aber kaum ein Beobachter der Szene gab den beiden anfangs überhaupt eine Chance. Doch man hatte nicht mit Renate Loidolts profunden literarischen Kenntnissen und ebenso wenig mit Peter Loidolts künstlerischem Unternehmergeist gerechnet.

Die Kombination ist bewusst gewählt: Der im März 1945 in Mariazell geborene Peter Loidolt war Künstler, aber auch Unternehmer. Als Mitarbeiter von großen internationalen Reedereien hatte er sich wirtschaftliche Kenntnisse und einen Blick für Zusammenhänge verschafft, die ihm auch bei der Führung eines privaten Festspielbetriebs zugute kommen sollten. Die pragmatische Herangehensweise an die Dinge des künstlerischen Lebens sorgte anfänglich für Staunen: Die Loidolts mieteten eine Suite in einem luxuriösen Wiener Hotel, um alle Schauspieler zu empfangen, die sie sich für ihre erste sommerliche Saison wünschten.

Sie wussten, wen sie, wen das Publikum sehen wollte, boten passende Rollen – und eine ansehnliche Gage. Kaum einer wollte da Nein sagen. Das Konzept ging auf. Schon die ersten Sommerfestspiele in Reichenau, 1988, waren ein sensationeller Erfolg. Und da die Loidolts der Skepsis der Kulturpolitiker begegneten, indem sie ein Beteiligungsmodell vorschlugen, bei dem sie selbst ein eminentes Risiko auf sich nahmen, konnte das Intendantenpaar seinen Erfolg in jeder Hinsicht genießen. Die erzielte Eigendeckung stand in der heimischen Kulturszene einzigartig da.

Fast immer ausverkauft

Viel Feind, viel Ehr: Die Neider waren rasch auf dem Plan. Aber das in der Ära Loidolt entwickelte Abonnenten- und Förderersystem hat es ermöglicht, durch frühzeitige Planung und genaue Prüfung der einlangenden Bestellungen den Spielplan des folgenden Sommers jeweils so nachzujustieren, dass die nachgefragtesten Produktionen auch am öftesten gezeigt wurden. Reichenau war so gut wie immer ausverkauft. Und mancher Publikumsliebling freute sich über gut bezahlte Sommerfrische-Engagements.

Nicht alle haben das den Loidolts nach den Covid-Wirren gedankt. Das mag den Lebensabend Peter Loidolts überschattet haben. Über das offenkundige Gelingen seiner theatralischen Träume hat er sich freilich jahrzehntelang herzlich freuen dürfen.

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