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Warum Salzburg nicht mehr die Fahrrad-Hauptstadt Österreichs ist

Mit dem Rad in Salzburg unterwegs? Die geografischen Voraussetzungen dafür wären gut.
Mit dem Rad in Salzburg unterwegs? Die geografischen Voraussetzungen dafür wären gut.APA Barbara Gindl
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Salzburg hätte die idealen Voraussetzungen für viel Radverkehr. Doch die Versäumnisse der vergangenen Jahre machen sich bemerkbar.

Salzburg galt einmal als die Fahrradhauptstadt Österreichs. Doch Verkehrsexperten kritisieren, dass in den vergangenen Jahren zu wenig für den Ausbau der Radwege und für bessere Rahmenbedingungen getan worden ist. Zwar werden in der Stadt 23 Prozent aller Wege mit dem Rad zurückgelegt, es könnten aber deutlich mehr sein. Die Radlobby Salzburg hat vor der Wahl am 10. März bei den Parteien nachgefragt, wie sie das Radfahren in der Stadt in den kommenden Jahren fördern wollen.

Salzburg ist flach und klein

„Das Fahrrad hat eine Vielzahl an positiven Effekten und stiftet hohen volkswirtschaftlichen und gesundheitlichen Nutzen“, sagt der Mobilitätsforscher Harald Frey von der TU Wien. „Das Potenzial für mehr Radverkehr ist in Salzburg aufgrund der kurzen Distanzen und keiner nennenswerten Steigungen hoch.“ 40 Prozent der zurückgelegten Wege in der Stadt seien kürzer als 2,5 Kilometer, 70 Prozent kürzer als fünf Kilometer - sie wären also ideal mit dem Fahrrad zu erledigen.

Es fehlt an Geld – und damit Radwegen

Um mehr Menschen auf das Rad zu bringen – vorzugsweise vom Auto – sind laut Frey ein Ausbau des Radwegenetzes und eine Erhöhung des Radverkehrsbudgets notwendig: 30 Euro sollten Städte laut Fachmeinung pro Jahr und Einwohner für den Radverkehr ausgeben – in der Stadt Salzburg sind es derzeit zwölf Euro. Durch neue Radwege ließen sich rund 25.000 Autofahren am Tag umlagern, sagt der Experte und schlägt mehrere Strecken vor. Hervor sticht dabei eine direkte Radverbindung zwischen den Stadtteilen im Nordosten und Nordwesten der Stadt, welche die Gleise beim Haupt- und beim Güterbahnhof überqueren. Derzeit müssen die Schienen großräumig umfahren werden.

Fahrradstrategie nicht umgesetzt

„Der Radverkehr hat das Potenzial, das Salzburger Verkehrssystem zu entlasten, weil Verbesserungen vergleichsweise kurzfristig und kostengünstig möglich sind“, heißt es in der 2017 von der Stadtpolitik beschlossenen Radverkehrsstrategie 2025+. Doch mehrere darin enthaltene Leitprojekte wurden bis heute nicht umgesetzt oder abgesagt. Die Radlobby Salzburg hat sich nun als Interessenvertretung für alle Radfahrenden in der Stadt bei den Parteien erkundigt, wie sie den Radverkehr in Zukunft gestalten wollen.

Fünf Parteien haben geantwortet, die FPÖ blieb eine Rückmeldung schuldig. Einig sind sich die politischen Konkurrenten, dass seit mehr als einem Jahrzehnt versprochene Radverleihsystems S-Bike endlich umzusetzen. Auch der Forderung nach Lückenschlüssen im Radwegenetz und baulich vom Autoverkehr getrennten Radwegen schließen sich alle Fraktionen an. Gleiches gilt für Maßnahmen für mehr Sicherheit von Kindern, Jugendlichen und Seniorinnen und Senioren beim Radfahren.

Keine einheitlichen Ziele

Unterschiede gibt es bei den Zielen: Die grüne Bürgerliste und die KPÖ Plus wollen den Radverkehrsanteil bis zum Ende der nächsten Funktionsperiode auf 30 Prozent erhöhen, die SPÖ auf 26 Prozent steigern, die NEOS fordern schlicht einen „steigenden Anteil“. Die ÖVP hält hingegen an dem in der Radverkehrsstrategie formulierten Ziel von mindestens 24 Prozent fest, will aber allgemein den Umweltverbund - also Radfahren, Zufußgehen und Öffis gemeinsam - stärken.

Budgetär fordert die Bürgerliste fünf Millionen Euro pro Jahr für den Radverkehr statt der aktuell zwei Millionen Euro. Daneben wollen die Grünen eine Aufstockung des Personals für die Planung und Umsetzung von Maßnahmen. Auch die Kommunisten sprechen sich für eine Verdoppelung der Mittel und mehr Personal aus. Die ÖVP hält hingegen zwei Millionen Euro für ausreichend, die NEOS wollen für große Einzelinvestitionen lieber Sonderbudgets beschließen. Die SPÖ will mit der Einführung eines Kultur- und Mobilitätseuros (die Erhöhung der Ortstaxe um zwei Euro) auch mehr Geld für die Mobilität lukrieren.

Eine Rad-Task-Force im Magistrat

Nach der (von der ÖVP initiierten) Abschaffung des städtischen Radverkehrskoordinators wollen Grüne, SPÖ, NEOS und KPÖ Plus wieder eine koordinierende Rad-Task-Force im Magistrat schaffen. Die Volkspartei hält es hingegen für sinnvoller, wenn die Abteilungen innerhalb ihres Aufgabenbereiches an den Projekten arbeiten.

Ähnlich große Städte: Ein Radfahrer-Anteil von 42 Prozent ist möglich

„Es gibt große Unterschiede, wie ambitioniert die Änderungen sein sollen“, fasst Radlobby-Obmann Harald Gaukel die Antworten zusammen. „Immerhin erkennen die meisten Parteien an, dass grundsätzliche Verbesserungen notwendig sind. In manchen Punkten gibt es sogar eine große Übereinstimmung. Da fragt man sich, warum das noch nicht umgesetzt wurde.“ Übrigens: Mobilitätsforscher Frey hat sich internationale Radfahr-Vorbildstädte mit ähnlicher Bevölkerungsanzahl wie Salzburg angeschaut und hält einen Radfahranteil von 42 Prozent für möglich. (APA)

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