Thriller

„Brazilian Psycho“: Armut, Mord und Politik

Joe Thomas ist zwar Brite, hat aber zehn Jahre lang in São Paulo gelebt.
Joe Thomas ist zwar Brite, hat aber zehn Jahre lang in São Paulo gelebt.Oliver Holms
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Der Brite Joe Thomas hat ein wenig schmeichelhaftes Porträt der Stadt São Paulo geschrieben. Episch und außergewöhnlich gut.

Die Logik von Verlagen entzieht sich zuweilen der Leserschaft. So auch im Fall des großartigen São-Paulo-Kriminalromans „Brazilian Psycho“. Obwohl das erste von Joe Thomas auf Deutsch publizierte Buch, ist es bereits der abschließende von vier Bänden rund um den ermittelnden Polizisten Mario Leme. Der Unterschied zu den Vorgängern dürfte darin liegen, dass die Zeitspanne des Erzählten weitaus breiter, nämlich von 2003 bis 2019, gefasst ist. Und Leme nur einer von vielen Protagonisten ist, was auch das umfassende Personenverzeichnis am Ende des Buches unumgänglich macht.

Autor Joe Thomas ist zwar Brite, hat aber mehr als zehn Jahre in São Paulo gelebt. Dass er weiß, wovon er schreibt, merkt man auf jeder Seite. Er porträtiert die Stadt als einen Ort von Korruption und Gewalt. Ob die Gangs in den armen Favelas, die gierigen Geschäftsmänner in teuren Anzügen, brutale Militärs, gekaufte Polizisten, rätselhafte Geheimdienstler oder hochrangige Politiker bis ins Präsidentenamt wie Lula da Silva oder Bolsonaro – wo sind hier bloß die Guten geblieben?

Natürlich gibt es die wenigen Aufrechten wie Leme und seinen Partner Ricardo Lisboa. Zu Beginn des Buches beschäftigt sie der Mord am Direktor einer britischen Schule. Bis der Fall geklärt ist, werden 16 Jahre vergehen, und am Ende ist nur eines klar: Die Lösung eines einzelnen Verbrechens ist hier das geringste Problem.

Joe Thomas: „Brazilian Psycho“, übersetzt von Alexander Wagner, BTB-Verlag, 638 Seiten, 18,50 Euro
Joe Thomas: „Brazilian Psycho“, übersetzt von Alexander Wagner, BTB-Verlag, 638 Seiten, 18,50 Euro

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