An spontanen Gedenkstätten legen Tausende Menschen in Russland Blumen für den im Straflager gestorbenen Oppositionspolitiker ab. Die Polizei reagiert oft rabiat. Wie viel Widerstand ist noch möglich in diesem Land?
Sie kommen in der Nacht, sie kommen mit schwarzen Müllsäcken und in dunklen Kapuzen. Sie handeln schnell, geschützt von der Polizei. Sie stopfen die abgelegten Blumen, die Fotos, die Kerzen in ihre Säcke und verschwinden. Sie schänden das, was Hunderte von Menschen – voller Tränen die einen, voller Stille die anderen, voller Wut und Hilflosigkeit und Hass zuweilen – hier abgelegt haben, weil sie trauern: um den in Haft hinter dem Polarkreis umgekommenen Alexej Nawalny, den Kreml-Kritiker schlechthin. Ihr Idol. Weil der 47-Jährige Politik möglich gemacht hatte, in einem Land, in dem Politik unmöglich gemacht wurde – und dafür am Freitag mit dem Leben bezahlt hat.