Conference League

Sturm Graz steht im Achtelfinale und ärgert sich über den „Stadion-Kaugummi“

Matchwinner Mika Biereth in Bratislava.
Matchwinner Mika Biereth in Bratislava. APA
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Steirer verabschieden Slovan Bratislava und treffen im Achtelfinale auf OSC Lille. Der historische Fortschritt bringt aber nicht nur Freude, auch Kritik läuft einher. Die Ernüchterung in der Stadionfrage trübt die Stimmung.

Mit einem knappen Auswärtssieg in der Slowakei hat Sturm Graz einen gelungenen Europacup-Abend gefeiert und sich souverän einen Platz im Conference-League-Achtelfinale gesichert. Der Fußball-Vizemeister ließ am Donnerstag beim 1:0 gegen Slovan Bratislava nach dem 4:1 im Hinspiel nichts mehr anbrennen, dementsprechend ausgelassen jubelten die Steirer nach dem Schlusspfiff mit den mitgereisten Fans. „Es ist schon sehr historisch“, sagte Sportdirektor Andreas Schicker zufrieden.

Erstmals seit 23 Jahren stehen die Grazer wieder in den Top 16 eines europäischen Bewerbs, erstmals seit 40 Jahren könnte nun der Aufstieg ins Viertelfinale gelingen. „Es macht mich unheimlich stolz für Sturm Graz, die Steiermark und Fußball-Österreich. Es ist wichtig, dass wir da dabei sind und Punkte sammeln“, betonte Schicker. Der Achtelfinal-Einzug brachte Sturm eine Prämie in Höhe von 600.000 Euro, für Österreich gab es wertvolle Punkte in der UEFA-Fünfjahreswertung. Derzeit liegt Rot-Weiß-Rot auf Platz 13, knapp hinter der Schweiz und vor Dänemark, Norwegen und Israel.

Beim slowakischen Rekordmeister hielt die Mannschaft von Christian Ilzer in der ersten Hälfte aber nur mit Glück die Null, ehe nach dem Seitenwechsel durch Arsenal-Leihgabe Mika Biereth (52.) der erlösende Siegtreffer fiel. „Es ist ein netter Start für mich bei Sturm. Mich freut es wirklich für das Team, in der nächsten Runde zu stehen“, sagte der 21-jährige Däne, der im Winter in die Steiermark gekommen war. Bereits im Zwischenrunden-Hinspiel hatte Biereth nach vier Minuten das 1:0 erzielt, insgesamt war es sein drittes Tor im fünften Spiel für Sturm.

„Meine ersten beiden Tore habe ich in Graz gegenüber der Fankurve geschossen, deswegen war es schön, mal vor den Fans zu feiern“, sagte Biereth überglücklich. Auch sein Trainer war zufrieden. „Das waren enorm wichtige Tore. Er hatte auch noch eine Topchance auf das 2:0“, erinnerte Ilzer. Der Coach freute sich über einen „großartigen Erfolg“, auch wenn der Gesamtscore von 5:1 deutlicher ausgesehen habe, als es wirklich war. „Es war ein richtig schwieriges Spiel in der ersten Halbzeit. Dann waren wir besser und hatten mehr Ballbesitz“, analysierte Ilzer.

Der Sturm-Coach freute sich über einen Auswärtssieg zu Null, der auch eine gewisse Entwicklung seiner Mannschaft auf europäischer Bühne erkennen ließ. „Auf rauer See entwickeln sich die Seemänner und nicht in ruhigen Gewässern. Das erleben wir in den internationalen Bewerben ständig. Da gibt es eine Entwicklung, die wir genommen haben“, betonte Ilzer. Das sah auch Mittelfeld-Abräumer Jon Gorenc Stankovic so. „Es war nicht unser bestes Spiel. Aber wir haben gezeigt, obwohl wir nicht gut gespielt haben, dass wir gewinnen können.“

Ein Lob für die Steirer gab es auch von Austro-Innenverteidiger Kevin Wimmer in Diensten des slowakischen Tabellenführers. „Sturm ist verdient weitergekommen. Sie haben über beide Spiele einen disziplinierten Job gemacht“, sagte Wimmer. „Ich wünsche ihnen alles Gute für die kommenden Runden und hoffe aus österreichischer Sicht, dass sie so weit wie möglich kommen.“

Dort ein Schloss, da ein Flickwerk

22.500 Plätze, modernste Ausstattung und eine ausgezeichnete Stimmung: Das Nationalstadion in Bratislava hat bei den Verantwortlichen von Sturm Graz mächtig Eindruck hinterlassen und die Sehnsucht nach einer baldigen Lösung in der schier endlos wirkenden Stadionfrage vergrößert. „Das ist das ideale Stadion für Graz, in allen Facetten. Aber es wird vom Gefühl her noch sehr lange dauern“, sagte Sturm-Sportchef Andreas Schicker und nannte die Causa eine „Kaugummi-Geschichte“.

Der Fußball-Vizemeister hofft seit längerem, das in die Jahre gekommene Stadion in Liebenau modernisieren zu dürfen oder in eine gänzlich neugebaute Arena umziehen zu können. „Ich traue mich zu behaupten, dass ich das in Graz nicht mehr erleben werde. Was nicht heißt, dass ich den Verein zeitnah verlassen werde“, sagte Schicker nach dem Aufstieg ins Conference-League-Achtelfinale gegen Slovan Bratislava in der Slowakei. Dort ist kürzlich unter finanzieller Mithilfe von Club-Patron Ivan Kmotrik um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag eine neue Arena gebaut worden, die 2019 eröffnet wurde.

„Bei diesen Kosten bleibt das ein Traum“, betonte Schicker allerdings. Derzeit wird in Graz unter Zustimmung des Zweitliga-Spitzenreiters GAK eine Zwei-Stadien-Lösung angepeilt, die Suche nach geeigneten Standorten gestaltet sich aber schwierig.

Nun droht Sturm das Szenario, das Achtelfinal-Heimspiel in der Conference League am 7. März aufgrund nicht erfüllter UEFA-Kriterien im Ausweichstadion in Klagenfurt austragen zu müssen. „Die Sicherheit ist ein großes Thema. Da ist die Merkur Arena nicht optimal gebaut. Aber wir wollen unbedingt in Graz spielen, es gibt eine besondere Energie in Liebenau“, erklärte Schicker. „Es wäre unfassbar bitter. Wir genießen jede einzelne Minute, die wir zuhause spielen können“, ergänzte Trainer Christian Ilzer.

Besonders groß ist der Ärger bei Schicker, wenn es um den geplanten Bau eines Trainingszentrums für Frauen und Jugendspieler im Grazer Stadtteil Puntigam geht. Sturm will ein Drittel der Baukosten beisteuern, das Land Steiermark habe bereits ebenfalls klar eine Förderung in Höhe eines Drittels signalisiert, einzig die Stadt Graz zeige derzeit noch keine Bereitschaft. „Wenn von der Stadtpolitik nichts kommt, ist das sehr enttäuschend. Da muss man sich fragen, ob Spitzenfußball in Graz gewünscht ist“, sagte der Sturm-Sportchef. Ein Abschied der Frauen- und Jugendabteilung aus Graz stehe im Raum, da die Infrastruktur nicht mehr zeitgemäß sei.

Am kommenden Mittwoch findet eine Generalversammlung der Stadt Graz statt, die Sturm-Verantwortlichen erhoffen sich positive Nachrichten von der KPÖ geführten Stadtregierung. Mit Blick auf die Infrastruktur in Bratislava wurde Ilzer deutlich. „Das muss doch auch in Graz möglich sein, endlich infrastrukturell etwas zu unternehmen“, forderte der Coach und sprach die gesellschaftliche Bedeutung von Sportlern an, die als Vorbilder für Kinder zum Sport animieren würden. „Ich hoffe, dass es kein Verzögern und Politisieren mehr gibt, sondern klare Kante gezeigt wird und zwei super Stadien in Graz einzementiert werden.“

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