Programmankündigung

Wiener Festwochen erklären sich zur „Freien Republik Wien“

Intendant Milo Rau sieht die Wiener Festwochen in „der Tradition der Wiener Kommune“.
Intendant Milo Rau sieht die Wiener Festwochen in „der Tradition der Wiener Kommune“.APA / Georg Hochmuth
  • Drucken

Intendant Milo Rau spielt Revolution: Bei der Pressekonferenz am 1. März im Hotel Imperial will man sich zur Republik erklären – mit Hymne, Fahne und „revolutionären Institutionen“.

„Wir schulden der Welt eine Revolution“: Unter diesem Motto kündigt der neue Festwochen-Intendant, der Schweizer Theatermacher Milo Rau, seine erste Programmpressekonferenz an. „Inmitten eines entscheidenden Wahljahres“, steht in seiner Aussendung, „erklären sich die Wiener Festwochen zur Freien Republik Wien und machen sie zum ersten Festival mit eigener Hymne, Fahne und revolutionären Institutionen“. Sie sollen sich, so die Aussendung, auch „gemeinsam mit dem Publikum und mehreren Nobelpreisträger:innen eine eigene Verfassung“ geben.

Rau stellt die Festwochen (von 17. Mai bis 23. Juni) dezidiert in die Tradition der Pariser Kommune, die im März 1871 ausgerufen wurde, um Paris – gegen den Willen der konservativen Zentralregierung – sozialistisch zu verwalten, wobei auch die Pressefreiheit aufgehoben wurde. Wer in den „revolutionären Institutionen“ der Wiener Festwochen sitzen soll, ist noch unbekannt, gerüchteweise soll der antikapitalistische Schweizer Soziologe Jean Ziegler, ein Vorbild Raus, darunter sein.

Laut Aussendung soll sich Wien just in dieser Tradition „im Frühling in die Welthauptstadt einer zweiten Moderne verwandeln“, in einen „Ort der Debatten, Veranstaltungen und Feiern, an dem soziale Bewegungen auf Intellektuelle und Künstler:innen treffen, um Alternativen für eine gemeinsame Zukunft zu entwerfen“. Dabei soll auch „politischer Widerstand mit künstlerischer Virtuosität verschmelzen“. Wogegen sich der Widerstand richten soll – gegen die SP-dominierte Wiener Stadtregierung oder gegen die im Bund herrschende schwarz-grüne Koalition –, wird man wohl erst bei der Pressekonferenz erfahren.

„Wiener Prozesse“ gegen Politik und Medien

Kryptisch scheint auch die Ankündigung von „Wiener Prozessen“, in denen Politik, Medien, radikale Aktivist:innen und die Kunstszene zur Verantwortung gezogen werden“ sollen. Immerhin sollen „zur gleichen Zeit die großen Namen von klassischer Musik, Oper und Theater brandneuen und bejubelten Arbeiten kommen“. Geplant ist offenbar ein Auftritt von Pussy Riot, Musikkurator wird der Kärntner Pop-Schlager-Musiker Fuzzman.

Unter den bereits bekannten Programmpunkten sind Milo Raus Inszenierung von Mozarts „La clemenza di Tito“, ein feministische „Hamlet“-Variation von Christiane Jatahy, eine Oper der Performancekünstlerin Florentina Holzinger und das „Kaddish Requiem „Babyn Jar“ des ukrainischen Komponisten Jevhen Stankovych, dirigiert von der ukrainischen Dirigentin Oksana Lyniv. Die in Kombination mit diesem Requiem angekündigte Aufführung von Brittens „War Requiem“ wurde nach Protesten gegen den Dirigenten Teodor Currentzis bereits wieder abgesagt. (tk)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.