Wort der Woche

Nanotechnologie für Nahrungsmittel

Die moderne Wissenschaft, insbesondere die Nanotechnologie, bringt zahlreiche neue Verfahren zur Verarbeitung und Verpackung von Lebensmitteln hervor. 

Schon in grauen Vorzeiten haben unsere Vorfahren Nahrungsmittel bearbeitet, um sie bekömmlicher, geschmackvoller und haltbarer zu machen. Viele Zubereitungsarten – von Kochen über Fermentieren bis hin zu Pökeln – haben sich fest in unsere Kultur eingeschrieben, unser Ernährungsverhalten ist daher in Grunde recht konservativ. Allerdings befinden wir uns derzeit in einer Phase rasanter Veränderungen – man denke nur an die laufende „Proteinwende“ (weg von tierischen, hin zu pflanzlichen Proteinen), an Functional Food, an Speisen aus dem 3-D-Drucker oder an „Fleisch“ und „Milch“ aus der Retorte.

Der rasante wissenschaftliche Fortschritt bringt unzählige neue Lebensmitteltechnologien mit sich. Vielfach geht es dabei darum, die Mikro- und Nanostruktur von Lebensmitteln gezielt zu beeinflussen. Ein Beispiel: In der Vorwoche veröffentlichten Forschende um Arkaye Kierulf (Cornell University) unter dem Titel „Food LEGO“ ein relativ einfaches Verfahren, bei dem Stärkekörnchen zu größeren Strukturen zusammengesetzt werden – etwa zu mikroskopisch kleinen Hohlkugeln. Diese „Mikrosphären“ weisen ähnliche Eigenschaften wie naturbelassene Stärke auf, haben aber nur ein Sechstel des Gewichts. So lassen sich beispielsweise sehr wirksame und gleichzeitig kalorienarme Verdickungsmittel herstellen – oder, wie die Forscher meinen, auch völlig neue sensorische Erlebnisse erzeugen (Science Advances, 16. 2.).

Auch bei Lebensmittelverpackungen bahnen sich durch Nanotechnologie Revolutionen an: Forschende um Jaishankar Prasad (Sharda University, Indien) haben kürzlich den Einsatz sogenannter „Nanoemulsionen“ untersucht – das sind z. B. feinste Öltröpfchen, die mithilfe oberflächenaktiver Substanzen in Wasser stabilisiert werden. Wenn man diese Emulsionen etwa mit antioxidativen oder antimikrobiellen Wirkstoffen belädt und einem Verpackungsmaterial beimischt, können sie dort ihre Wirkung entfalten – anstatt die Zusatzstoffe wie derzeit dem Lebensmittel beizumengen. In manchen Fällen kann man vielleicht sogar ganz auf Verpackung verzichten und Nahrungsmittel direkt mit aktiven Überzügen versehen. Als Beispiel nennen die Forschenden eine Beschichtung mit einer (nach derzeitigem Wissensstand) gesundheitlich völlig unbedenklichen Nanoemulsion, die kleinste Mengen Zimtöl enthält und erfolgreich das Verschimmeln von Obst verhindert – oder zumindest verzögert (Foods and Raw Materials 12, 1, 22).

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist nun Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com diepresse.com/wortderwoche

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