Gericht

Sohn in Hundebox gesperrt: „Einfach nur surreal und skurril“

Die Mutter sperrte ihren damals zwölfjährigen Sohn regelmäßig in jene Hundebox
Die Mutter sperrte ihren damals zwölfjährigen Sohn regelmäßig in jene HundeboxAPA / APA / Christopher Eckl
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Am zweiten Prozesstag gegen eine Mutter wegen versuchten Mordes sagte eine Sozialarbeiterin als Zeugin aus. Sie war an dem Abend, an dem der Bub in einen kritischen Zustand geriet, vor Ort.

Es ist Tag zwei in dem Prozess gegen eine 33-Jährige, die sich wegen versuchten Mordes an ihrem Sohn verantworten muss. Sie soll das Kind in eine Hundebox gesperrt und schwer misshandelt haben. Im Fokus standen am Dienstag zunächst medizinische Aspekte. Eine Sozialarbeiterin sagte als Zeugin aus. Die Mutter ist teilweise geständig, bestreitet jedoch den Mordversuch. Einer möglichen Komplizin (40) wird fortgesetzte Gewaltausübung vorgeworfen, was sie zum Teil in Abrede stellt.

Zu Wort kam am Dienstag jene Sozialarbeiterin, die mit ihrem Einschreiten letztlich dafür gesorgt hatte, dass der damals Zwölfjährige im November 2022 ins Krankenhaus kam und überlebte. Die Frau hatte die Kindsmutter einst im Rahmen der ambulanten Elternberatung betreut, danach wurde der Kontakt gehalten.

Rettung gerufen, als „würde sie Pizza bestellen“

Am 22. November 2022 hatte die Sozialarbeiterin abends ein „wirres und komisches Telefonat“ mit der mutmaßlichen Komplizin geführt, von der sie damals zum ersten Mal gehört hatte. Die 40-Jährige berichtete am Telefon, dass sie ein Video geschickt bekommen habe, auf dem der Zwölfjährige „in bedenklichem Zustand“ zu sehen sei. Aufgrund anhaltender Nervosität der Anruferin entschied die Sozialarbeiterin, sich umgehend gemeinsam mit der 40-Jährigen zur Wohnung der Mutter zu begeben.

Die Situation vor Ort sei „einfach nur surreal und skurril“ gewesen, gab die Zeugin zu Protokoll: „Ich bin sehr erschrocken.“ Der Bub sei nicht ansprechbar gewesen und auf dem Boden gelegen. „Es war definitiv klar, dass er Hilfe braucht.“ Nach mehrmaligem Fordern der Sozialarbeiterin - zuletzt „laut und scharf“ - verständigte die Mutter die Rettung. „Mechanisch“, so „als würde sie eine Pizza bestellen“. Ein Hauptthema im Kopf der 33-Jährigen sei dann gewesen, ob der Zustand des Kindes „auf sie zurückfallen“ könnte, schilderte die Sozialarbeiterin. „Mehr war nicht. Es war keine Emotionalität.“ Dank habe sie von der Mutter nicht bekommen: „Ich hatte eher den Eindruck, dass sie ang‘fressen war.“

Kinderarzt Hans Salzer berichtete von einem vor allem anfangs sehr prekären Gesundheitszustand des Buben. Er hatte das Kind auf Antrag der Staatsanwaltschaft Krems nach der Einlieferung ins Krankenhaus im November 2022 untersucht. Derzeit gehe es dem Buben aber körperlich wieder gut. Bereits am Montag sah eine Gutachterin beim nun 13-Jährigen die „Wahrscheinlichkeit stark erhöht, dass er zukünftig in seiner Persönlichkeit verformt bleiben wird“.

Kind „beinahe zu Tode gequält“

Generell standen die am Montag getätigten Aussagen der beiden Angeklagten zueinander im Widerspruch. Ergänzende Befragungen am Dienstagvormittag brachten hier wenig erhellende Momente.

„Zwei Frauen haben ein Kind beinahe - Gott sei Dank nur beinahe - zu Tode gequält“, hatte die Staatsanwältin beim medial stark beachteten Prozessauftakt am Montag zu dem Fall gesagt. Die 33-jährige Alleinerzieherin soll ihren Sohn zumindest von Juli bis November 2022 unter anderem geschlagen, gefesselt, geknebelt und ihn wiederholt über Stunden in eine Hundebox eingesperrt haben. Zudem soll sie das Kind hungern haben lassen.

Zugespitzt hat sich die Sachlage von 20. bis 22. November 2022, auf diesen Zeitraum bezieht sich auch der Vorwurf des versuchten Mordes. Die Mutter dürfte den damals Zwölfjährigen bei geöffneten Fenstern mit kaltem Wasser übergossen haben. Die Körpertemperatur des abgemagerten Burschen senkte sich auf 26,8 Grad ab. Das Kind wurde schließlich in ein Krankenhaus gebracht und auf der Intensivstation behandelt.

Anklage gegen 40-Jährige erweitert

Weitere Anklagepunkte in Bezug auf die Mutter des Buben sind Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen sowie Freiheitsentziehung. Die Staatsanwaltschaft Krems beantragte für beide Frauen die Unterbringung in ein forensisch-therapeutischen Zentrum.

Die Mutter könnte im Fall einer Verurteilung wegen versuchten Mordes bis zu lebenslange Haft ausfassen. Die Strafdrohung für die 40-Jährige wegen fortgesetzter Gewaltausübung als Beitrags- oder Bestimmungstäterin beträgt nach einer Ausdehnung der Anklage aufgrund schwerer Dauerfolgen bei dem Buben nun bis zu 15 Jahre. Urteile sind für Donnerstag geplant. (APA)

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