Uni-Alltag

KI ist an den Unis angekommen

Hat die Bibliothek alten Stils bald ausgedient?
Hat die Bibliothek alten Stils bald ausgedient?Clemens Fabry
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Längst finden KI-Tools auch an den Universitäten ihre Anwendungsgebiete, Studenten setzen sie ebenso ein wie Lehrende. Doch das digitale Neuland wird erst langsam erkundet.

Drei Universitäten, ein ähnliches Vorgehen: Studierenden ist der Einsatz von KI bei entsprechender Kennzeichnung, etwa bei Hausübungen, erlaubt. Die Universität Wien steht noch am Beginn. „Wie bei allen neuen Technologien befinden wir uns in einem Experimentierstadium, in dem die Lehrenden unterschiedlich weit sind“, erklärt Roland Steinacher, Leiter Studienservice und Lehrwesen Uni Wien. „Viele beginnen jetzt vermehrt über die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Auswirkungen nachzudenken und lassen das in die Lehre einfließen.“ An der Uni Klagenfurt mit ihrer technischen Ausrichtung wird der Fokus auch auf die technischen Aspekte der KI gelegt. „Das heißt, dass wir uns zum Beispiel im Sinne der generativen KI weniger darauf konzentrieren, wie man ein Tool in einem bestimmten Bereich einsetzt, wie ein GPT-Modell zur Generierung von Texten oder ein Diffusionsmodell zur Erzeugung von Bildern“, erläutert Konstantin Schekotihin, Co-Studienprogrammleiter Robotics & AI an der Uni Klagenfurt. „Stattdessen erklären wir, wie KI-Methoden entwickelt, trainiert und evaluiert werden. Wir wollen unseren Studenten aber auch ein klares Verständnis für die Macht und die Auswirkungen der KI-Methoden auf unsere Gesellschaft vermitteln, indem wir Kurse anbieten, die ihre sozialen, ethischen und rechtlichen Aspekte beleuchten.“

Deep Fake und Verifikation

Schekotihin konkretisiert: „Es gibt Einheiten der Universität, die Kurse und Schulungen zu KI-Kompetenzen anbieten, wie etwa das Schreibcenter. Darin sind Themen wie ,Start in die Bachelorarbeit: Planungsprozesse gestalten mit und ohne KI-Tools‘ oder ,Die Bachelorarbeit: Schreib- und Überarbeitungsprozesse gestalten mit und ohne KI-Tools‘ enthalten. Es geht auch um das Anwenden von KI-Werkzeugen für das wissenschaftliche Arbeiten, das kritische Denken und Argumentieren mit und ohne KI und darum, wie KI vorwissenschaftliche und wissenschaftliche Schreibprozesse kompetent be­gleiten kann.“ Das Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft beschäftigt sich unter anderem mit Deep Fake, dem Erkennen von KI-Content und der Frage, wie sich die KI-Kennzeichnung auf die Werbeeffektivität auswirkt. Selbstverständlich werde auch beleuchtet, wie eine Verifikation „echter“ Inhalte gelingen könne. Im Bereich der empirischen Kulturwissenschaft und Kulturanthropologie werden die Themen „Kann KI Kunst?“ und die kulturanalytischen Perspektiven zu KI, Kreativität und Ästhetik hinterfragt.

Der Umgang mit KI – sowohl auf der Seite der Studierenden als auch auf jener der Lehrenden – wird als Bildungsauftrag verstanden. „Universitäten sind autonom bei der Erstellung ihrer Lehrpläne und müssen sich daher selbst überlegen, was das Beste für die Absolventen ist. Es ist gerade in dieser Zeit ein Auftrag, in der noch nicht absehbar ist, was KI-Tools können werden. Ich denke, es ist im Selbstverständnis einer Universität, Studenten jene Kompetenzen zu vermitteln, um verantwortungsvoll mit KI umzugehen“, sagt Roland Steinacher. „An der Uni Wien ist ein weiterführendes Curriculum, ein abgeschlossener Kreis von Lehrveranstaltungen, der in sich stimmig ist, geplant, der alle Studierende in das Thema einführen soll.“ Steinacher ist überzeugt, dass „an KI keine Studienrichtung vorbeikommt“.

Gesellschaftlicher Auftrag

Stefan Vorbach geht einen Schritt weiter und stellt den kritisch reflektierten Umgang mit KI von Studierenden wie auch von Lehrenden und Forschenden in den Vordergrund: „Das ist ein gesellschaftlicher Auftrag, auch ohne ihn etwa seitens des Ministeriums konkret gehört zu haben. Ich würde es als Teil der Aufgabe von Universitäten sehen, diesen Umgang mit KI kritisch zu reflektieren, ihn ethisch-moralisch zu hinterfragen. Gerade Technische Unis neigen dazu, die Technik unreflektiert einzusetzen, weil man es kann.“

Was das Lehrpersonal betrifft, erkennt Vorbach auch in Zeiten des IT-Fachkräftemangels keinen Mangel, die Situation sei allerdings herausfordernd: „Nachdem wir bereits jahrelang in den Themen forschen, haben wir ja das richtige Personal vor Ort, das sich vermehrt grundlagenorientiert mit dem Thema KI beschäftigt. Wir benötigen für unseren eigenen Betrieb IT-Fachkräfte, Programmierer, die wir selbst ausbilden und versuchen so lang wie möglich an der Uni zu ­halten. Die wandern aber immer wieder durch attraktive Industrieangebote ab. Es ist also ein sehr dynamischer und für unsere Personalabteilung einer der derzeit herausforderndsten Märkte.“ Ähnlich beurteilt Schekotihin die Situation und meint, dass alle Institute der Fakultät für Ingenieurwissenschaften an der Uni Klagenfurt derzeit mindestens ein KI-Thema haben und es daher kein großes Problem sei, Spezialisten für ein bestimmtes Gebiet zu finden.

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