Neue Studie

Höchststand an Flüchtlingen ohne Job

Dem Bericht zufolge lässt sich aufgrund der verfügbaren Zahlen generell „eine Reihe von Herausforderungen bei der Arbeitsmarktintegration von Migranten“ feststellen.
Dem Bericht zufolge lässt sich aufgrund der verfügbaren Zahlen generell „eine Reihe von Herausforderungen bei der Arbeitsmarktintegration von Migranten“ feststellen.Die Presse, GK
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Im Vorjahr waren knapp 43.000 Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte arbeitslos oder in Schulung – mehr als doppelt so viele als noch im Jahr 2015. Bei den Frauen ist die Lage drastischer: Auch Jahre nach der Flucht ist der Großteil nicht erwerbstätig.

Es war kein großes Aufsehen, das um die „Statistische Broschüre zu Migration und Integration“ des Integrationsfonds (ÖIF) am Montag gemacht wurde. Keine großen Ankündigungen im Vorfeld, keine Pressekonferenz, keine Minister, die den Bericht präsentieren. Dennoch haben es die Zahlen in sich – und zeigen eine Verschärfung der Probleme von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt.

Dem Bericht zufolge lässt sich aufgrund der verfügbaren Zahlen generell „eine Reihe von Herausforderungen bei der Arbeitsmarktintegration von Migranten“ feststellen – das betrifft einmal per se nicht nur Flüchtlinge. „So liegt die Erwerbstätigenquote der Menschen mit Migrationshintergrund deutlich unter der der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund“, heißt es in dem Bericht. Innerhalb der Zuwanderungsgruppen gibt es dann noch einmal erhebliche Unterschiede: So liegt die Erwerbstätigenquote bei Zuwanderern aus EU-Staaten vor der Osterweiterung 2004, Großbritannien und den EFTA-Staaten (Island, Norwegen etc.) etwa gar über jener von Menschen ohne Migrationshintergrund. Bei jenen mit türkischem Migrationshintergrund hingegen liegt die Quote mit 62,7 Prozent deutlich darunter.

Raab: „Herausforderung“

Die größten Arbeitsmarktprobleme haben laut ÖIF-Bericht jedoch Flüchtlinge. 42.700 Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte waren im Vorjahr arbeitslos gemeldet oder in Schulungen – ein „Höchststand“, so der ÖIF. Syrer stellten mit knapp 24.000 Menschen ohne Job den größten Anteil. Das bedeutet einen massiven Anstieg: 2009 waren laut ÖIF noch 5700 Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte ohne Job, 2015 waren es dann bereits 17.300. „Besondere Herausforderungen sehen wir bei der Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen“, ließ Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) via Aussendung ausrichten.

Zudem hält der Integrationsfonds in seiner Broschüre fest, dass bei der „Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen in Österreich ein unterschiedlicher Verlauf zu verzeichnen“ sei. Konkreter: „Von den Flüchtlingen, die 2015 nach Österreich gekommen sind“ und 2021 noch hier lebten, „waren 52,5 Prozent nach sechs Jahren erwerbstätig, während es bei dem Jahrgang 2019 nach zwei Jahren 15,9 Prozent waren“. Weniger als die Hälfte der Menschen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak – also die großen Fluchtgruppen der letzten Jahre – sind demnach erwerbstätig.

Und: Insgesamt hält der Integrationsfonds fest, dass im Jahr 2023 der „Anstieg der Arbeitslosigkeit primär auf den Anstieg unter ausländischen Staatsbürgern zurückgeht“, die Zahl der arbeitslosen Inländer sei nämlich nur vergleichsweise leicht gestiegen. Bei Beziehern von Sozialhilfe – herangezogen wurden Zahlen aus 2022 – lag der Flüchtlingsanteil je nach Bundesland zwischen zwölf und 42 Prozent, ausländische Staatsangehörige seien generell „deutlich“ überrepräsentiert. In Wien etwa liege die „Sozialhilfebezugsquote“ von Syrern bei knapp 80 Prozent.

All das liegt auch an den niedrigen Erwerbsquoten der geflüchteten Frauen, der Bericht weist nämlich eine massive Geschlechterkluft aus. „Bei den weiblichen Flüchtlingen verläuft die berufliche Integration von einem niedrigeren Niveau ausgehend langsamer“, steht im Bericht. So seien im Jahr 2021 nur 22 Prozent der 2015 in Österreich angekommenen Frauen erwerbstätig gewesen. Zum Vergleich: Sechs Jahre nach der Fluchtwelle arbeiteten immerhin zwei Drittel der angekommenen Männer. Und die Arbeitsmarktintegration nahm zuletzt: Nach zwei Jahren im Land arbeitete der Studie zufolge nur eine von zehn 2019 angekommenen Frauen, bei den Männern ist die Quote mehr als doppelt so hoch.

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen ohne Migrationshintergrund liegt laut Integrationsfonds „deutlich“ über jener von Frauen mit Migrationshintergrund. Nur jede vierte Frau aus Syrien, Afghanistan oder dem Irak ist hierzulande erwerbstätig, bei Frauen mit türkischem Migrationshintergrund liegt die Quote lediglich bei 51 Prozent – der österreichweite Schnitt beträgt übrigens 70 Prozent.

Bildungsprobleme nehmen zu

„Bildung und deutsche Sprachkenntnisse gehören zu den wichtigsten Integrationsmotoren, die sich auf die Beschäftigung und Arbeitsmarktbeteiligung von den Menschen mit Migrationshintergrund auswirken“, heißt es im Bericht. Allein: „Im Kontrast zu den Flüchtlingsbewegungen 2015–2016 ist das Bildungsniveau der Personen, denen in den vergangenen Jahren bzw. aktuell in Österreich Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde und wird, durch einen sinkenden Bildungsstand gekennzeichnet.“ Ein Beleg dessen: Von knapp 8000 Personen, die 2023 Asyl oder subsidiären Schutz bekamen und einen Sprachkurs beim ÖIF machten, seien „64 Prozent nicht alphabetisiert“. Zwei Drittel davon waren sogenannte Zweitschriftlernende – 34 Prozent von ihnen sind „primäre Analphabeten“ und können daher auch in ihrer Muttersprache kaum lesen und schreiben.

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