Justiz

Lostag für Sophie Karmasin: OGH entscheidet über Schuldspruch

Ex-Familienministerin Sophie Karmasin auf der Anklagebank: Das vormalige Mitglied der österreichischen Bundesregierung wurde in erster Instanz im Straflandesgericht Wien wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen verurteilt.
Ex-Familienministerin Sophie Karmasin auf der Anklagebank: Das vormalige Mitglied der österreichischen Bundesregierung wurde in erster Instanz im Straflandesgericht Wien wegen wettbewerbsbeschränkender Absprachen verurteilt. Georg Hochmuth
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Am Mittwoch muss die frühere Familienministerin Sophie Karmasin bangen: Der Oberste Gerichtshof entscheidet über die von ihr eingebrachten Rechtsmittel gegen den erstinstanzlichen Schuldspruch. Karmasin hatte wegen Wettbewerbs-Manipulationen in einem Vergabeverfahren eine bedingte Haftstrafe bekommen.

Der 23. Mai des Vorjahres war wohl ein schwarzer Tag für die frühere Familienministerin Sophie Karmasin (Amtszeit: Dezember 2013 bis Dezember 2017, von der ÖVP nominiert). An jenem Tag war es nämlich Gewissheit: Die Ex-Politikerin, die bereits 2022 drei Wochen in U-Haft gesessen war, wurde schuldig erkannt. Und zwar wegen des Tatbestands „Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren“ (§168b Strafgesetzbuch).

Dies wollte Karmasin nicht hinnehmen. Sie wehrte sich mittels Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung. Am Mittwoch kämpft die 57-Jährige vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) um eine Aufhebung des Ersturteils, verbunden mit einem Freispruch bzw. um eine Neuaustragung des Prozesses. Oder zumindest um eine Herabsetzung der Strafe.

Der Vorwurf: Karmasin soll zwischen 2019 und 2021 andere, darunter die Meinungsforscherin Sabine Beinschab (sie wurde mittlerweile zur Kronzeugin), dazu angeleitet haben in Vergabeverfahren des Sportministeriums manipulierte Angebote zu legen – nämlich solche, die letztendlich dazu führen sollten, dass Karmasin (und nicht die Scheinkonkurrenz) die Aufträge bekommt. Konkret ging es um Aufträge für Studien (Beispiel: „Motivanalyse Bewegung und Sport“) – solche, die Karmasin unbedingt an Land ziehen wollte.

Ein weiterer Vorwurf, der in erster Instanz Teil der Anklage war: Karmasin soll schweren Betrug begangen haben, indem sie zu Unrecht Bezugsfortzahlungen nach ihrer Amtszeit als Ministerin kassierte. In diesem Punkt wurde die Ex-Politikerin aber freigesprochen. Und zwar wegen tätiger Reue. Sie hatte das Geld laut Richter „gerade noch rechtzeitig“ zurückgezahlt.

Zurück zum Vorwurf der Absprachen im Vergabeverfahren. Die Verteidigungslinie, die Karmasins Anwalt Norbert Wess entwickelt und in eine – nicht weniger als 193 Seiten starke – Nichtigkeitsbeschwerde verpackt hat, ist leicht erklärt: Das Sportministerium habe alles darauf ausgerichtet, dass Karmasin zum Zug kommt. Denn nur Karmasin habe in den Augen der Auftraggeber das Knowhow gehabt. Daher könne man gar nicht von einem regelrechten Vergabeverfahren sprechen. Der Tatbestand „Wettbewerbsbeschränkende Absprachen“ greife daher nicht.

Es habe Vorgespräche mit Karmasin gegeben. Ihr seien Unterlagen und Daten vorab übermittelt worden. Dokumentationspflichten seien nicht eingehalten worden. Gewünschte Leistungen seien zum Teil vorab mit Karmasin besprochen worden. So kommt die Verteidigung in der Nichtigkeitsbeschwerde etwa bei der oben exemplarisch genannten Studie zu dem Ergebnis: „In Anbetracht dieser Historie und den gravierenden Verletzungen sämtlicher Grundprinzipien eines Vergabeverfahrens noch von einem nach § 168 StGB tatbestandsmäßigen Vergabeverfahren auszugehen, mutet daher als geradezu absurd an.“

Ob der OGH die Nichtigkeitsbeschwerde gelten lässt, bleibt abzuwarten. Zudem müssen die Höchstrichter auch über das Rechtsmittel der WKStA entscheiden. Denn auch die Anklagebehörde hat gegen das Ersturteil eine solche Beschwerde eingebracht, diese betrifft den Freispruch. Geht es nach den Korruptionsjägern, so müsse die Ex-Ministerin auch im zweiten Anklagepunkt verurteilt werden.

Laut „Presse“-Informationen meint die Generalprokuratur (die oberste Staatsanwaltschaft der Republik, eine Art Beratungsgremium für den OGH), dass weder dem Rechtsmittel der WKStA noch dem von Karmasin Berechtigung zukomme. Freilich ist der OGH in seiner Entscheidung frei. Wie auch immer die Causa ausgeht – am Mittwoch wird ein Kapitel Justizgeschichte geschrieben. Dieses kann von einer rechtskräftig verurteilten Ministerin künden. Ebenso aber eben auch von einem Freispruch. Oder von der höchstgerichtlichen Anordnung den Prozess (teils) zu wiederholen.

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