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Wie Rapid auf Liga-Urteil und Homophobie-Eklat reagiert

Rapid-Präsident Alexander Wrabetz bei der Pressekonferenz am Dienstag..
Rapid-Präsident Alexander Wrabetz bei der Pressekonferenz am Dienstag..GEPA pictures / Kevin Hackner
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23 Spiele-Sperre für alle beteiligten Profis im Derby-Eklat, monatelange Funktionärssperren für Hofmann und Kulovits, ein Maßnahmen-Katalog für die Klub-Ethik: Rapid-Präsident Alexander Wrabetz hat große Aufräumarbeit vor sich und kündigte Protest gegen das Urteil an.

Wien. Die Stimmung war schon einmal weitaus besser in Hütteldorf. Wer am Dienstag zur groß angekündigten Pressekonferenz von SCR-Präsident Alexander Wrabetz ins Stadion kam, gewann schnell den Eindruck, dass die Derby-Folgen mit dem schwerwiegenden Urteil des Liga-Strafsenates den Verein mehr als nur nachdenklich stimmten. Für die einen wurde ein Exempel statuiert mit rigorosen Strafen für Spieler (drei Partien unbedingt, bis 2024 drei bedingt), andere witterten Gerechtigkeit im Skandal. Dabei, ein absolut unbefangenes Juristen-Gremium (sechs Männer, eine Frau, allesamt angesehene Anwälte, Richter oder Universitätsprofessoren) hat über den Homophobie- und Beschimpfungs-Eklat nach dem 342. Wiener Derby entschieden. Dass sich das Ergebnis auch las wie ein Gerichtsurteil, ist damit erklärt.

Allerdings, es hallt nach. Denn Rapid muss am Sonntag zum Abschluss des Grunddurchganges in Klagenfurt mit einer „Notelf“ antreten, Größen wie Grüll, Hofmann, Burgstaller oder Hedl fehlen. Ein Remis reicht, um in die Top 6 einzuziehen.

Der Rapid-Katalog
Der Rapid-KatalogFinne

Der Maßnahmenkatalog

Wrabetz („Die Spieler haben zugestimmt, finanziell mitzuwirken bei der Umsetzung der Maßnahmen, womit weitere Sanktionen seitens des Klubs ausbleiben“) sprach besonnen, über das Urteil der Liga wollte er kein Wort verlieren und sich vielmehr „der Verantwortung stellen, daraus lernen“. Man habe sich als Klub umgehend entschuldigt, bei der Öffentlichkeit, „bei Austria“. Er legte Wert darauf, dass Geschäftsführer Steffen Hofmann zwar geschimpft habe, jedoch sein Fall zu trennen sei von dem Homophoben-Gesang, den Spieler und Co-Trainer geliefert hatten. Fehltritt und Einstellung müsse man klar trennen, habe man dem Senat 1 „glaubhaft“ gemacht. „Wir, als Rapid, haben keine homophoben Einstellungen. Die dulden wir auch nicht. Die gibt es nicht, auch nicht in der Fanszene.“

Als Verein müsse man diese Lage jedoch ernst nehmen, die Sensibilität dazu erhöhen und richtige Schritte setzen, „damit Vorbildrollen wirklich erfüllt sind.“ Darum der Katalog, der auch der Liga präsentiert wurde. „Man muss Verantwortung übernehmen, um einen Bewusstseinswandel – weit über Hütteldorf hinaus – voranzutreiben. Es braucht eine Nachschärfung der persönlichen Verantwortung in den Arbeitsverträgen sowie einer Kompetenzerweiterung“, sagte Wrabetz.

Der Plan beinhalte, „dass alle mitwirken.“ Und, es habe Tragweite. Denn ein Maßnahmenkatalog, der nicht eingehalten oder umgehend umgesetzt werde, sei nicht glaubwürdig. Daher komme verstärkt der Ethikrat zum Einsatz, der über Sanktionen befinden wird. „Es beginnt alles somit ab sofort!“

Alexander Wrabetz
Alexander WrabetzGEPA pictures / Kevin Hackner

Und doch, das Urteil konnte er nicht links liegen lassen. Ein Vergleichsfall wurde bemüht, Paris SG, da hatten sich Spieler noch auf dem Spielfeld den homophoben Vorfällen angeschlossen. Das Quartett erhielt nur ein Spiel Sperre bedingt. „Daher werden wir gegen die unbedingten Strafen, ihre Höhen vorrangig, auch Protest einlegen, in Berufung gehen.“ Aufschiebende Wirkung habe es freilich nicht, am Sonntag müsse Trainer Robert Klauß eben „zaubern“.

Und die Sponsoren?

Als Präsidium müsse man sofort mit der Umsetzung des Maßnahmenkataloges beginnen. Gespräche mit Sponsoren, „die sind uns extrem wichtig“, sind anberaumt. Vorab habe man allen versichert, auch dank deren Zusammenarbeit, die Causa restlos aufzuarbeiten und dafür zu sorgen, dass eine Wiederholung ausgeschlossen ist. Man wolle den Verein „weiterbringen, sportlich und auch in der Diversität.“ Mit einem Frauenteam, Nachwuchsteams, Inklusion, sozialer Kompetenz, all dem, wofür Rapid stehe.

Das Leitbild des Klubs werde nachgeschärft, um Lernprozesse anzustoßen, erklärte Vizepräsidentin Edeltraud Hanappi-Egger. Es brauche mehrere Ebenen, um gegen Sexismus und Homophobie anzutreten. Man setze bei Einzelnen an, wolle mit Stakeholder-Gruppen und Keyplayern des Vereins kooperieren, „ein Bewusstsein schaffen für Antidiskriminierung.“ Man müsse solch Vorfälle fortan kategorisch ausschließen können, Rapid stehe für Mensch und Fußball, sei mehr als nur ein Verein. Die auffällig gewordenen Spieler „werden entsprechende Organisationen, die wir noch aussuchen müssen, unterstützen“, als Botschafter quasi auftreten und ihre Rollen als Vorbilder erfüllen, so Hanappi-Egger. Sensibilisierung sei der erste, wichtige Schritt. Diversität liege ihr am Herzen, Vernetzung mit sozialen Institutionen sind angedacht, „es muss gemeinsame Themen geben.“

Er wird gegen Klagenfurt fehlen: Guido Burgstaller.
Er wird gegen Klagenfurt fehlen: Guido Burgstaller.APA / APA / Eva Manhart

Auch im Nachwuchs müsse angesetzt werden mit pädagogischen Konzepten in der Akademie. Da, in dieser Phase als Findung des Rollenverständnisses als Fußballer bzw. Fußballerin müssten Kinder und Jugendliche begreifen, „wofür wir stehen“, ohne auffällig zu werden mit Diskriminierung oder Aggression. Man wolle aber auch im Fanbereich „positive Ansätze“ platzieren, so die Vizepräsidentin, die einen „eigenen Preis“ (bei der Hauptversammlung im November beschlossen wird) auslobte für die beste Initiative gegen Diskriminierung. Es gebe bereits einige, so die Informatikerin und Universitätsprofessorin, die die Wurzel der Homophobie ausräumen wolle. „Unser Katalog ist einzigartig, das Ziel ist die strukturelle Verankerung in unserem Leitbild.“ Es brauche nachhaltige Veränderung. Und die sei damit gewährleistet.

Die Fans?

Was aber geschieht, wenn es von den Rängen hallt? Hanappi-Egger („Homosexualität bei Frauen ist für Männer weniger angstbesetzt“) sagte, sie habe bereits einen angestoßenen Reflexionsprozess wahrgenommen. Doch, man müsse als „lernende Organisation“ auch neue Wege der Kommunikation finden. Bei Vergehen werde es Diskussionen geben, mit Fanvertretern, wie man dem präventiv wie reaktiv entgegenwirken könne. Denn, es gebe auch homosexuelle Anhänger im Verein, unbestritten. Wie solle man denen die Verunglimpfung erklären?

Auch Rapids Fans werden eingebunden.
Auch Rapids Fans werden eingebunden.APA / APA / Eva Manhart

Es brauche Zusammenhalt, und zwar den, für den Rapid seit jeher stehen wollte mit einem sozialen Wertesystem. Damit sei auch möglich, dass sich manch einer auch leichter „outen“ könne, wenn er es wolle. Hanappi-Egger sprach aus, was dieser Eklat bewirken kann: Imagewandel, Bewusstseinsschaffung, Selbstreflexion, vorgelebt in Hütteldorf.

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