Gastkommentar

Wieso mehr Frauen in Führungsetagen gehören

(c) Peter Kufner
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Man muss keine Feministin sein, um Frauen in Unternehmen fördern zu wollen. Man muss nur gut rechnen können.

Unsere Welt wäre eine bessere, wenn mehr Frauen in mehr Unternehmen das Sagen hätten. Starke Frauen an Schlüsselstellen im Unternehmen bedeuten einen Wettbewerbsvorteil. Eine Unternehmenskultur des gleichberechtigten Miteinanders sorgt für mehr Zufriedenheit, bessere ökonomische Performance und eine gute Talente-Wertschöpfung.

Das zeigen auch die Zahlen. Zum Beispiel der von der OECD erhobene Gender Equality Index lässt erkennen, dass Länder mit hoher Gleichberechtigung – und damit mit mehr Frauen in gestaltenden Positionen – höheren Wohlstand und ein beschwerdefreieres Leben ab 65 Jahren für alle Geschlechter aufweisen.

Es ist eine absurde Situation: Obwohl mehrfach belegt ist, dass Unternehmen, Staaten und andere soziale Systeme davon profitieren, Frauen in Führungsverantwortung zu haben, wird Frauen gleichzeitig an vielen Stellen systematisch Kraft geraubt und ihnen Erfolg verwehrt. Frauen sind nach wie vor in vielen Lebensbereichen unterrepräsentiert und benachteiligt – so auch in Unternehmen. Gemäß „Mixed Leadership Barometer“ der Wirtschaftsprüfung EY sind aktuell lediglich 11,9 % der Vorstands- und 31 % der Aufsichtsratsmandate der im Wiener Börse-Index gelisteten, größten börsenotierten Unternehmen Österreichs von Frauen besetzt. 59 % der Unternehmen haben nach wie vor keine Frau in ihren Vorstandsgremien. Nur ein einziges Unternehmen hat mehr als eine Frau im Vorstand! Diese geringe Anzahl von Frauen in Top-Führungspositionen ist besonders verwunderlich, da zahlreiche Studien belegen, dass Frauen auch in der Führung von Unternehmen ausgezeichnete Ergebnisse erzielen.

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Die von den Wirtschaftswissenschaftler:innen Soyoung Han und Marcus Noland in 91 Ländern durchgeführte, bislang größte Studie zum Thema „Wirtschaftlicher Erfolg von Frauen in Führung“, zeigt, dass ein um 30 % höherer Frauenanteil in der Unternehmensleitung mit einem um 15 % besseren Ergebnis einhergeht. Unternehmen mit Frauen in der Geschäftsführung und im Vorstand verzeichnen signifikant höhere Gewinnmargen als Unternehmen ohne weibliche Führungskräfte.

Weibliche Macht wirkt

Ähnliches zeigt sich in der Welt der Start-ups: Gemäß Studien der Boston Consulting Group erbringen von Frauen (mit-)gegründete Start-ups über fünf Jahre zehn Prozent mehr kumulativen Erfolg und erwirtschaften für jeden investierten Euro zusätzliche 67 Cent Gewinn. Start-ups im Besitz von Männern liegen im Vergleich dazu mit nur 26 Cent Gewinn deutlich darunter. Gründerinnen erwirtschaften also im Schnitt mehr als die zweieinhalbfache Rendite. Trotz dieser Performance bekommen Gründerinnen nur halb so viele Investitionen wie Gründer.

Man muss also keine Feministin sein, um Frauen in Unternehmen fördern zu wollen. Man muss nur gut rechnen können! Vor allem, weil nicht nur die höhere wirtschaftliche Rendite für Frauen in Führung spricht, sondern darüber hinausgehende Studienergebnisse demonstrieren, dass Female Leaders für ein besseres Arbeitsumfeld, für eine konstruktivere Unternehmenskultur und ein kooperativeres Miteinander sorgen. Vereinfacht gesagt, arbeiten Menschen lieber in Unternehmen, in denen auch Frauen gleichberechtigt das Sagen ­haben.

Die „Gläserne Klippe“ ist real

Erwiesen ist außerdem, dass Frauen nachhaltiger wirtschaften und in turbulenten Zeiten Unternehmen mit höherer Umsicht und geringeren wirtschaftlichen Schäden durch Schwierigkeiten navigieren. Erkenntnisse wie diese führen dazu, dass Frauen vor allem dann verstärkt in die Unternehmensführung geholt werden, wenn ein Unternehmen in der Krise steckt. Diese Situationen, in denen man aus purer Verzweiflung Frauen an die Schalthebel der Macht holt, beschreibt man als „Gläserne Klippe“: Umstände, in denen das Risiko zu scheitern besonders hoch ist. Als Organisationsentwicklerin werde ich gerade in solchen Situationen häufig beigezogen und frage mich immer wieder, weshalb Unternehmen nicht bereits in guten Zeiten vermehrt auf die Kraft, Führungsstärke, Weit- und Umsicht weiblicher Führungskräfte setzen.

Es ist mir persönlich ein Anliegen, den Weltfrauentag zu nutzen, um Unternehmen zu bestärken, Frauen strukturiert zu fördern. Effektives Corporate Female Empowerment umfasst gezielte Maßnahmen zur mentalen, organisatorischen und finanziellen Stärkung von Frauen im Unternehmen. Besonders wirksam sind etwa: 

Frauen in die vorderste Reihe: Haben Frauen zentrale Führungsfunktionen, ist der größte Hebel für unternehmerischen Erfolg in der richtigen Hand.

Weibliche Erfolge zeigen: Sichtbare Erfolge von Frauen stärken andere Frauen, ebenfalls an sich zu glauben. Es braucht weibliche Vorbilder auf allen Ebenen, um den Stärken von Frauen Raum zur Entfaltung zu geben.

Groß machen statt kleinreden: Frauen reden ihre Erfolge oft nicht nur selbst klein, sondern werden häufig auch von anderen kritisch beurteilt. Ihre Leistungen werden geschmälert, aberkannt oder die Aufmerksamkeit auf ihr Äußerliches gelenkt. Dies gilt insbesondere für Frauen in der Öffentlichkeit und in Führungspositionen. Gerade Unternehmen haben es in der Hand, Leistungen und Erfolge von Frauen mit großem Respekt zu kommentieren.

Stereotypen entlarven: Häufige Erfolgsfalle für Frauen sind bewusste oder unbewusste Stereotypen und Vorurteile. Unternehmen haben die Definitionsmacht, worauf die Scheinwerfer der Aufmerksamkeit gerichtet werden und welche Wirklichkeit damit gilt. Sind es tradierte Zuschreibungen oder respektvolle Wahrnehmungen? Sensibilisierung für stereotype Fallen und konsequente Bestärkung der Abkehr von diesen sollten 2024 State of the Art in Unternehmen sein.

Sisterhood fördern: Wenn Frauen einander Vertrauen und Unterstützung schenken, werden Leistungsdynamiken in Unternehmen vervielfacht. Diese Kultur des Miteinanders ist einfach zu fördern, sobald sich ein Unternehmen entschlossen hat, Sisterhood als Teil der Unternehmenskultur zu etablieren. Eine solche Kultur der bestärkenden Kooperation fördert Frauen und stärkt Unternehmen.

Geld ist Macht: Die Wirkungsmacht von Frauen geht mit einer fairen Entlohnung einher. Hier haben Unternehmen noch viel zu tun: Die ökonomische Aufrichtigkeit allen Mitarbeitenden gegenüber ist die Basis echter Wertschätzung und Gleichberechtigung.

Styria Books

Mit gutem Corporate Female Empowerment können und sollen Unternehmen einen echten Impact in Sachen Gleichberechtigung leisten. Nicht nur aus Anstand und Fairness, sondern auch aus unternehmerischem Hausverstand: Wer viele kraftvolle Frauen im Unternehmen hat, hat einen klaren Wettbewerbsvorteil. Unternehmen, die auf Frauen setzen, sind stabiler und gesünder – in ökonomischer Hinsicht ebenso wie punkto Unternehmenskultur. Female Empowerment ist kein Sozialprojekt, sondern eine Notwendigkeit, wenn wir Unternehmen erfolgreicher und unsere Welt lebenswert gestalten wollen.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

Die Autorin:

Nathalie Karré ist Organisations- und Führungskräfteentwicklerin, Business Angelina und Female-Empowerment-Aktivistin. Mit ihrer Women4Women-Initiative und dem Bestseller „Der Power-Effekt“ (Kneipp Verlag, Styria Books, 144 Seiten, 2023) fördert sie mehr Erfolg in weiblich. 

Nathalie Karré
Nathalie KarréCredit: Philipp Radon

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