Mit „Doktor Garin“ legt Vladimir Sorokin ein Politmärchen vor, das von der Grausamkeit und Liebesfähigkeit der seltsamen Gattung Mensch erzählt.
Wenn man als Kriterium zur Qualitätsmessung neuer russischer Literatur die Vorstellung heranzieht, wie Sorokins Vornamensvetter Putin ein Buch trotz Dauerfluchens regelrecht fertiglesen muss, dann dürfte sich „Doktor Garin“ ziemlich weit oben in der Skala einreihen.
Der Autor dieses stattlichen Romans, der mittlerweile in Berlin lebende Vladimir Sorokin, gilt seit Jahrzehnten als einer der bedeutendsten zeitgenössischen russischen Autoren – das konzertierte Protestgeheul seitens putintreuer Jugendgruppen zu Beginn von dessen Dauerpräsidentschaft samt Versenkung Sorokin’scher Werke in eine selbst gebastelte, riesige Toilettenschüssel mitten in Moskau hat zur breiten Bekanntschaft durchaus beigetragen. Bücher wie „Der himmelblaue Speck“ oder „Norma“, eine scharfe Analyse des Sowjetalltags, gab es da bereits (auch auf Deutsch, wie „Doktor Garin“ in der flüssigen Übersetzung von Dorothea Trottenberg).