Internationale Immobilienmärkte

Immobilienkrise: Die Branche sucht nachhaltige Auswege

Das Messegelände der Mipim: An der Côte d’Azur stellt man sich von 12. bis 15. März den großen Zukunftsfragen.
Das Messegelände der Mipim: An der Côte d’Azur stellt man sich von 12. bis 15. März den großen Zukunftsfragen.S. d’Halloy/Image & Co
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Wohnraumknappheit, Finanzierungsengpässe und ESG beschäftigen die Branche. Nach Lösungen sucht man dieser Tage auch auf der weltgrößten Immobilienmesse, der Mipim in Cannes.

Jede Woche ziehen etwa 1,5 Millionen Menschen auf der Welt in eine neue Stadt  –  auf der Suche nach (besseren) Jobs, Ausbildung und Gesundheitsversorgung. Die meisten Städte können diesen Andrang nicht bewältigen. Das treibt die Preise in die Höhe sowie die Ungleichheit bei der Wohnqualität voran. Prognosen ergeben, dass im Jahr 2050 etwa 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben werden – unter anderem in Gebieten, die noch gar nicht existieren.

„Wenn wir über Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche sprechen, müssen wir zwangsläufig die Transformation von Städten in den Blick nehmen“, betont Isabella Chacón Troidl vom Urban Land Institute. Im globalen Nachhaltigkeitsausblick der Forschungsorganisation wird dabei die Verknüpfung von Gebäudeeffizienz und finanzieller Performance in den Fokus gerückt.

Wie das unter den aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gelingen kann, wird wohl auch beim „Housing Matters“-Gipfel der diesjährigen Mipim diskutiert werden. Wohnraumknappheit, Finanzierungsengpässe, Nachhaltigkeitskriterien: „Beginnt mit diesen Faktoren das goldene Zeitalter für den Mietmarkt und des Genossenschaftswohnbaus?“, lautet eine der Fragen, die der Wohngipfel auf der internationalen Immobilienmesse im Cannes beantworten will. Themen, die für österreichische Ohren viel weniger exotisch klingen mögen als für die Kollegen aus Amerika oder Asien.

Gewerbeimmobilien: Büromarkt verdeutlicht länderspezifische Unterschiede

Umgekehrt könnte der Austausch mit Kollegen aus dem Rest der Welt für die heimischen Makler im Bereich der Gewerbeimmobilien interessant werden, vor allem in Sachen Bürogebäude. Denn in diesem Segment unterscheidet sich der Wiener Markt mächtig von jenen in anderen europäischen Großstädten. „Ich bin wirklich gespannt, was wir dort darüber erfahren werden, wie es im europäischen Gewerbe aussieht“, sagt etwa Örag-Vorstand Michael Buchmeier, als einer von Österreichs Delegierten bei der Mipim. „Denn in Städten wie Frankfurt, Paris und ­Lyon soll es Leerstände von bis zu 20 Prozent geben, weil dort die Neuproduktion vom Markt nicht absorbiert wird.“

Anders als in Österreich, wo es in Wien derzeit de facto keinen Leerstand gibt, scheint in anderen Ländern der Homeoffice-Effekt in ganz anderen Dimensionen zugeschlagen zu haben. „Selbst dort, wo Unternehmen Flächen abgebaut haben, wurden diese durch Untervermietung vom Markt aufgenommen“, weiß Buchmeier über Wien. Entsprechend steht bei den Workshops im Bereich Büroimmobilien das Thema „Revitalisierung, Umrüstung und Umwidmung von Büros in der postpandemischen Welt des Klimawandels“ auf dem Programm der Mipim.

Mipim 2024: Nachhaltigkeit steht über allem

Durch alle Bereiche und Themen – vom Einsatz künstlicher Intelligenz in der Immobilienbranche bis zur Nutzung globaler Sportveranstaltungen für die Stadtentwicklung – zieht sich aber ein großes Thema: die Nachhaltigkeit. Die Begriffe Sustainability, Clean Energy, Footprint, Net Zero und Green kommen im rein englischsprachigen Programm mindestens genauso häufig vor wie Real Estate, Asset Class, Urban Development und Investment Market.

Von Letzterem hängt es mitunter ab, inwieweit Nachhaltigkeit überhaupt realisiert werden kann. Auf dem europäischen Immobilienmarkt werden sinkende Zinssätze 2024 langsam eine Belebung der Kapitalmärkte bewirken, bevor 2025 eine tatsächliche Erholung eintreten wird, lautet dazu die Einschätzung von CBRE im aktuellen Europaausblick. Dem Bericht zufolge könnten heuer 66 Milliarden Euro Kapital in europäische Immobilien fließen, von denen knapp zwei Drittel in wertsteigernde Strategien investiert werden sollen.

Die Dekarbonisierung der bebauten Flächen wird aber eine immer wichtigere Rolle in Strategien spielen, die darauf abzielen, die Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen. Da bei CO2-intensiven Vermögenswerten die Gefahr einer Wertminderung besteht, rechnet CBRE mit mehr Anreizen für die Finanzierung von Nachrüstungs- und Sanierungsprojekten. „Die Mieter sind bereit, für umweltfreundliche Gebäude höhere Mieten zu zahlen“, meint Ludovic Chambe, Head of ESG & Sustainability Services, Continental Europe bei CBRE.

„Dies hängt jedoch von der Verfügbarkeit geeigneter Immobilien ab, so dass jetzt ein günstiger Zeitpunkt für Investoren ist, um so früh wie möglich von der Neupositionierung von Gebäuden in dieser Übergangsphase zu profitieren.“ Welchen Zeitpunkt die internationalen Investoren für sich selbst als günstig erachten, könnte sich in den Gesprächen im Rahmen der Mipim herauskristallisieren.

Die Mipim 2024 in Zahlen

Vom 12. bis 15. März erwarten die Organisatoren der Mipim über 22.500 Delegierte aus 90 Ländern (darunter über 6500 Investoren), die sich an über 300 Ständen auf den 20.000 Quadratmetern des Palais des Festivals in Cannes präsentieren.

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