Energie

Das erste polnische Atomkraftwerk soll in Auschwitz gebaut werden

Polen will in die Atomkraft einsteigen und setzt vor allem auf kleinere Kraftwerke, sogenannte SMR. Die vier ersten Reaktoren sollen in Auschwitz ans Netz gehen.
Polen will in die Atomkraft einsteigen und setzt vor allem auf kleinere Kraftwerke, sogenannte SMR. Die vier ersten Reaktoren sollen in Auschwitz ans Netz gehen. APA/DPA-Zentralbild/Jens Büttner
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Polen bereitet einen groß angelegten Einstieg in die Atomkraft vor. Bei der Umweltverträglichkeitsprüfung des Projekts meldet Österreich massive Bedenken an.

Insgesamt an sieben Standorten sollen in Polen Atomkraftwerke entstehen. Das Verfahren für das erste von ihnen hat begonnen: die geplante Errichtung von vier BWRX-300-Reaktoren von Hitachi mit einer Gesamtleistung von 1300 MW. Das Projekt wurde von Stawy Monowskie SP Z.o.o. im Dorf Stawy Monowskie in der Gemeinde Oświęcim, Auschwitz, übernommen. Der Standort ist knapp 300 Kilometer von Wien entfernt.

Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) steht in den ersten Anfängen. Anfang Februar ist das „Scoping“-Verfahren zu Ende gegangen, bei dem es um den allgemeinen Plan geht, nicht um die technischen Details.

Im Auftrag der Wiener Umweltanwaltschaft hat Pulswerk, ein Beratungsunternehmen des Österreichischen Ökologieinstituts, eine Fachstellungnahme zu dem Projekt erarbeitet. Grundsätzlich bemängeln die vier Autoren, dass in den Unterlagen des Betreibers die Behauptung in den Raum gestellt wird, dass die „Wahrscheinlichkeit hypothetischer Unfälle, die zu großen Freisetzungen führen können“, als sehr gering betrachtet werde – ohne dies aber fachlich zu begründen. Dazu heißt es: „Die zum Nachweis des praktischen Ausschlusses von unfallbedingten Freisetzungen herangezogenen probabilistischen Kennwerte sind auf eine qualitativ höherwertige als die angegebene „geschätzte“ Grundlage zu stellen.“ Wichtig sei auch, dass die Auslegungsgrundlagen in einem Gesamtkonzept dargestellt würden. Schließlich seien Machbarkeit, Zuverlässigkeit und Wirksamkeit von technischen Lösungen nachzuweisen.

Zudem werden in der Stellungnahme Zweifel geäußert, dass das Verfahren den europäischen Vorgaben entspricht: Es fehle die Prüfung der strategischen Umweltverträglichkeit. Eine solche ist etwa dann notwendig, wenn ein EU-Mitgliedsland in ein Atomkraftprogramm einsteigen will. Dabei muss auch klar dargelegt werden, wie der Atommüll endgelagert wird.

Start für die Suche nach einem Endlager

Dazu gibt es allerdings überhaupt keine konkreten Vorstellungen. Erst am vergangenen Freitag ist für die 2477 Gemeinden Polens ein Wettbewerb gestartet worden, die Bereitschaft für einen Standort für eine Endlagerstätte zu melden. Suche und Bewertung der geologischen Eignung dauern allerdings Jahrzehnte.

Das Fehlen einer entsprechenden Festlegung könnte Probleme im Zusammenhang mit einer EU-Richtlinie zum Atommüll bringen und ein Vertragsverletzungsverfahren nach sich ziehen. Außerdem schließt die Taxonomie-Verordnung aus, dass es begünstigte Kredite geben wird, wenn kein Endlager fixiert ist.

Die Pläne für ein Atomkraftwerk in Auschwitz sind nicht der erste Anlauf in Polen, um diese Art der Energiegewinnung einzuführen. Der erste Versuch geht in die frühen 1970er-Jahre zurück, als die kommunistische Regierung zwei AKW geplant hat. Der Bau für das erste begann 1982, wurde nach der Reaktorexplosion in Tschernobyl eingestellt und die Bauruine abgewrackt. 2007 wurde dann die Kehrtwende eingeleitet, als die Regierung beschloss, AKW zu errichten. Der Start der ersten beiden Reaktoren war ursprünglich bis 2025 geplant. Der einstige Standort bei Danzig ist nach wie vor im Rennen, mittlerweile hat aber Orlen Synthos Green Energy im April 2023 angekündigt, außer in Auschwitz auch Atomkraftwerke in Ostrołęka, Włocławek, Dąbrowa Górnicza, Nowa Huta, in der Sonderwirtschaftszone Tarnobrzeg und in der Hauptstadt, Warschau, errichten zu wollen – bei den Projekten handelt es sich um kleinere Reaktoren, sogenannte SMR (Small Modular Reactors).

Synthos Green Energy ist Teil der Synthos-Gruppe, die zur Gänze in Privatbesitz ist, und ihren Ursprung im Chemiebetrieb Synthos SA hat, der am 1. September 1945 gegründet worden ist. Das von Synthos genutzte Fabrikgebäude war während der Nazi-Besetzung Polens von der IG Farben als Buna-Werke errichtet worden. Es befand sich in unmittelbarer Nähe des Konzentrationslagers Auschwitz III, wenige Kilometer vom Vernichtungslager.

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