Strafvollzug

Wie es mit Josef Fritzl weitergeht

Straftäter Josef Fritzl soll am 30. April eine neue Anhörung bekommen (Bild: Transport Fritzls im Jänner diesen Jahres).
Straftäter Josef Fritzl soll am 30. April eine neue Anhörung bekommen (Bild: Transport Fritzls im Jänner diesen Jahres).APA/AFP/Joe Klamar
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Damit der Straftäter Josef Fritzl von der Psychiatrie in den Normalvollzug wechseln kann, braucht es ein ergänzendes Gutachten. Dies hat das Oberlandesgericht Wien angeordnet. Grund für diesen Schritt: Das OLG bemängelt Divergenzen bei der bisherigen Beurteilung der Situation.

Kommt Josef Fritzl, der Mann, der seine Tochter 24 Jahre lang im Keller seines Wohnhauses gefangen hielt, jemals wieder in Freiheit? Ehe man dies beantworten kann, ist eine vorgelagerte Frage zu klären: Schafft es Fritzl (mittlerweile trägt er einen anderen Namen) vom Maßnahmenvollzug, also von der Anhaltung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum, in den „normalen“ Strafvollzug überstellt zu werden? Genau diese Weichenstellung muss nun auf Geheiß des Oberlandesgerichts (OLG) Wien erneut vorgenommen werden.

Wie berichtet hat sich die Staatsanwaltschaft – Fritzl ist im Gefängnis Krems-Stein eingesperrt – quergelegt: Nachdem das Landesgericht Krems am 25. Jänner beschlossen hatte, den prominenten Häftling in den Normalvollzug zu verlegen, brachte die Anklagebehörde eine Beschwerde beim OLG ein. Und bekam recht.

Das OLG blockiert vorläufig den Wechsel des bald 89-Jährigen in eine „normale“ Zelle. Mehr noch: Es hat angeordnet, dass die Unterinstanz, also das Landesgericht Krems, weitere Untersuchungen in Auftrag geben und dann neu entscheiden muss.

Vergewaltigt und versklavt

Zur Erinnerung: Fritzl hat seine Tochter fast zweieinhalb Jahrzehnte eingesperrt, versklavt (sein rechtskräftiges Urteil erging auch wegen Sklaverei), unzählige Male vergewaltigt und genötigt und unter diesen Bedingungen sieben Kinder gezeugt. Eines dieser Kinder ließ er im Keller sterben, weshalb er auch wegen Mordes durch Unterlassung verurteilt wurde. Die Strafe: „Lebenslang“ plus Anstaltseinweisung. Letztere wird auf unbestimmte Zeit verfügt. Bei Fritzl läuft die Unterbringung seit 3. Juni 2009. Ihre Dauer hängt unter anderem von der Entwicklung der Gefährlichkeitsprognose ab, also von der Frage, ob vom Täter weitere Gefahr ausgeht.

Mittlerweile gibt es ein regelrechtes Tauziehen um Fritzls Überstellung vom Maßnahmen- in den Normalvollzug. Angefangen hat dies mit einem Beschluss vom März 2023. Gestützt unter anderem auf die Meinung eines Psychiaters entschied das Landesgericht Krems auf Fortsetzung der Anhaltung in der Psychiatrie. Fritzl wehrte sich per Beschwerde. Dieser wurde stattgegeben. Das OLG hob im April 2023 den Beschluss auf. Und trug dem Erstgericht auf, ein neues psychiatrisches Sachverständigengutachten erstellen zu lassen.

So wurde – mit Beschluss vom 10. Mai 2023 – die Psychiaterin Heidi Kastner bestellt. Diese sollte binnen vier Monaten eine Expertise vorlegen. Tatsächlich lag das Papier, wie das OLG nun bekrittelt, erst im Dezember 2023 schriftlich vor. Auf Basis des neuen Gutachtens wurde die bedingte Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug angeordnet. Genau diese Entscheidung will das OLG so nicht stehen lassen. Und zwar mit dem Hinweis auf den Gutachtensinhalt: Demnach werde die schwerwiegende psychische Störung von Fritzl „derzeit“ unter einer Demenzerkrankung begraben.

Auch die Staatsanwaltschaft fragt sich, was „derzeit“ bedeutet und sieht einen Widerspruch zwischen der diagnostizierten Demenz und dem guten kognitiven Zustand, den Fritzl bei seiner jüngsten Anhörung zur Schau stellte.

Damit habe die Staatsanwaltschaft zutreffend Divergenzen aufgezeigt, heißt es im neuen Gerichtsbeschluss. Nun, so das OLG, gelte es mittels ergänzendem Gutachten darzulegen, wie sich die Demenz auf Fritzls Persönlichkeit auswirkt. Am 30. April soll auch Fritzl selbst angehört werden. Danach muss das Landesgericht Krems erneut entscheiden.

»Ich bin überzeugt davon, dass es zum Umstieg in den Normalvollzug kommt.«

Anwältin Astrid Wagner

Fritzls Anwältin Astrid Wagner zur „Presse“: „Mein Mandant ist nicht mehr gefährlich. Ich bin überzeugt davon, dass es zum Umstieg in den Normalvollzug kommt.“ Zur Frage, ob es für sie vorstellbar ist, dass ihr bald 89 Jahre alter Klient überhaupt irgendwann in Freiheit entlassen wird, sagt Wagner: „Hier bin ich durchaus zuversichtlich. Ihn nur aus generalpräventiven Gründen in Haft zu belassen, wird auf Dauer nicht möglich sein.“ Zur Erklärung: Die Anwältin ist (gestützt auf Gutachten) der Ansicht, dass Fritzl gar nicht mehr in der Lage ist, etwaige weitere gleichgelagerte Verbrechen zu begehen. Insofern falle eine Haft aus spezialpräventiven Gründen weg. Und es blieben eben nur mehr generalpräventive Gründe (Abschreckung der Öffentlichkeit).

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