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Öffnung des App Stores: Apple lehnt sich gegen die EU auf

Wer eine neue App auf seinem iPhone installieren will, hat künftig mehrere Möglichkeiten. Sofern Apple sich dem DMA unterwirft.
Wer eine neue App auf seinem iPhone installieren will, hat künftig mehrere Möglichkeiten. Sofern Apple sich dem DMA unterwirft. Matt Cardy
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Der seit Anfang März in Kraft getretene Digital Markets Act zwingt Apple, seinen Nutzern auch alternative Download-Möglichkeiten für Apps zu gewähren. Doch der Widerwille ist groß. Die Sicherheit wird als Grund vorgeschoben, doch am Ende geht’s ums Geld.

Apple steht seit Kurzem auf Kriegsfuß mit der EU. Vorbei sind die Zeiten, in denen Gesetze gelobt und als Vorbild gesehen werden. So war es zumindest noch 2020, als die Datenschutzgrundverordnung in Kraft trat und die damalige Europa-Chefin meinte, dass die DSGVO weltweit für Apple als Vorbild gelte. Doch der Digital Markets Act (DMA) lässt Apple schnauben, denn es kratzt an einem System, das jahrzehntelang kultiviert wurde: ein Garten, der von einem so stabilen Mauerwerk umzäunt ist, wo nichts durchkann und vor allem auch nichts hineinkann. Doch die EU ist mit der Abrissbirne gekommen und reißt diese Mauern nieder – ein wenig zumindest.

Doch was ist geschehen? Die EU hat verschärfte Spielregeln eingeführt. So sollen große Techkonzerne nicht einfach schalten und walten können. Mit dem DMA werden Microsoft, Google, Meta und auch Apple seit Anfang März Regeln auferlegt, die ermöglichen sollen, dass sich auch neue Mitbewerber etablieren können. Dafür wurden von der EU sogenannte Torwächter identifiziert: insgesamt 22. Bei diesen Torwächtern handelt es sich um eine Vorstufe von Monopolen. Sie sind es noch nicht, haben aber das Potenzial, Konkurrenz zu behindern oder gar im Keim zu ersticken.

Zur besseren Vorstellung: Bei den Messengern sind diese Torwächter zum Beispiel WhatsApp, bei den sozialen Netzwerken TikTok, Facebook und Instagram. Und jetzt kommen wir zu dem Thema, das bei Apple für großen Verdruss sorgt: die App-Stores. Denn hier sind nach Auffassung der EU die digitalen Marktplätze von iOS (Apple) und Android (Google) sowie auch der App-Store von Amazon Torwächter. Und diese sollen aufgebrochen werden. Also muss sich Apple öffnen, ob der Konzern nun will oder nicht. Und er will definitiv nicht.

Ungewöhnlich irrationales Verhalten

Noch nie zuvor hat sich Apple so irrational verhalten und öffentlich einen derart emotionalen Wahlkampf gegen neue Regeln geführt. Doch die erhoffte Reaktion, nämlich, dass sich die vielen Apple-Kunden auf die Seite des Konzerns schlagen, bleibt aus. Vor den Augen aller durchlebte Apple die sieben Phasen der Trauer, ehe es nach einem mehrwöchigen Kampf voller irrationaler Vorstöße und Rückzieher nun doch den Weg für alternative App-Stores freimacht. Konkret bedeutet das, dass Apps auf den Webseiten der Hersteller direkt angeboten werden können. So könnte zum Beispiel Spotify seine Musikstreaming-App direkt oder gar einen eigenen App-Store anbieten. Zumindest in der Theorie.

16 Jahre ist es her, dass Steve Jobs den App-Store vorgestellt hat; mit nur knapp 500 Apps. Dabei war der Apple-Gründer zu Beginn gar nicht davon begeistert, Software-Entwicklern überhaupt die Tür zu öffnen und ihnen Zugang zum Vorzeigeprodukt, dem iPhone, zu gewähren. Er machte sich Sorgen, dass deren Anwendungen Viren enthalten oder Verbraucher verwirren könnten. Erst nach langer Überzeugungsarbeit lenkte Jobs schließlich ein. Am 10. Juli 2008, gut ein Jahr nach dem US-Start des ersten iPhone-Modells, ging der App-Store online. Am Sicherheitsgedanken hat sich auch nichts geändert, er wird wie eine Reliquie in Ehren gehalten. Unabhängig davon, ob vom grundlegenden Gedanken des Apps-Stores nur noch wenig erhalten geblieben ist. Denn heute wird nicht mehr darüber gesprochen, dass die Einhebung der Gebühr von 30 Prozent zu Beginn nur dazu gedient hat, um den Store kostendeckend zu betreiben.

Das sollte sich aber schnell ändern: Der App-Store wurde ein entscheidender Faktor für den Erfolg des iPhone, weil er das Telefon als Plattform für alle Lebenslagen etablierte – von Spielen bis hin zu Unternehmensapps. Apple rückte das Angebot an Zusatzprogrammen in den Mittelpunkt seiner Werbespots. Der griffige Spruch „There’s an app for that“ („Für alles gibt es eine App“) wurde zum geflügelten Wort. Über Nacht entstand ein riesiger Markt. Konkurrenten zogen nach: Googles Play-Store mit Programmen für Android-Geräte läuft heute ähnlich auf Hochtouren wie Apples Dienst.

2022: 85 Milliarden an Apps verdient

Heute gibt es rund 2,3 Millionen Anwendungen im App-Store; wer eine App für sein iPhone will, bekommt sie nur darüber. Und Apple verdient gut daran. Allein 2022 wurden 1,1 Billionen Euro im App-Store umgesetzt und an Entwickler ausbezahlt. Wobei es hier Einschränkungen gibt: Fließt jedoch Geld vom User zum Entwickler, verdient Apple 30 Prozent Provision mit. Bei App-Entwicklern, die auf Apples Download-Plattformen weniger als eine Million US-Dollar pro Jahr einnehmen, reduziert sich der Anteil auf 15 Prozent, ebenso bei Abonnements ab dem zweiten Jahr.

Apple nennt keine Details, wie viel die einzelnen Geschäftsbereiche abwerfen. Der Prozess gegen die Fortnite-Entwickler, Epic Games, hat dann doch ein paar Details offenbart: So bleiben Apple bei den Software-Diensten 70 Cents pro Dollar. Demnach soll der Umsatz 2022 bei knapp 85 Milliarden US-Dollar gelegen haben. Kein Wunder also, dass sich Apple diese Geldmaschine nicht einfach wegschnappen lassen will. Dabei riskiert Apple durchaus viel. Nicht nur, was das Image betrifft, das bei dem aktuellen Gebahren vielerorts als widerwillig und gar trotzig wahrgenommen wird. Der US-Konzern riskiert bei weiterer Nichtachtung des DMA Strafen in Höhe von bis zu 20 Prozent des Jahresumsatzes. Dieser hat im Vorjahr 383 Milliarden Dollar betragen.

Denn Apple muss alternative App-Stores zulassen. Das Wollen ist irrelevant. Und auch sogenannte Sideloads sieht der DMA vor: also die Installation von Apps, die direkt auf den Webseiten von Unternehmen angeboten werden oder im Netz verfügbar sind. Hier muss man aber aufpassen, denn die Gefahr, dass man sich hier eine Malware eintritt, ist durchaus vorhanden. Hier hat Apple schon recht. Wer sich aber unsicher ist, kann immer den sicheren Weg gehen und darauf vertrauen, dass bei Apple die angebotenen Apps sicher sind. Wobei dies auch nicht zu 100 Prozent der Fall ist.

Trotz aller Auflagen will es Apple den Mitbewerbern nicht machen. Man hat sich strenge Kriterien unter dem Vorbehalt der Sicherheit einfallen lassen. Diese müssen im abgelaufenen Kalenderjahr eine App im App-Store gehabt haben, die in EU-Ländern mindestens eine Million Mal heruntergeladen wurde. Also die Stadt-Wien-App hätte es schon einmal schwer. Doch damit nicht genug.

Der Bereich in Apples Garten ist winzig

Für einen externen App-Store hat sich Apple auch noch ein paar Hürden einfallen lassen, inklusive eines neuen Gebührenmodells. So werden für jede installierte App über diesen externen Store 50 Cent an Apple abgeführt. Kleinere Anbieter wird das kaum betreffen, denn dieses gilt erst, wenn die Download-Marke eine Million durchbrochen hat. Größere Anbieter hingegen werden kräftig zur Kasse gebeten. Fraglich ist, was dies mit Sicherheit zu tun hat.

Bislang ist die Aufregung groß und derzeit überhaupt noch nicht geklärt, ob die EU diese Auflagen überhaupt akzeptiert. Fest steht: Mit der jetzigen Auslegung des DMA ist der Platz in Apples Garten mikroskopisch klein.

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