Leipziger Buchmesse

Gaea Schoeters: Wenn man trifft, schlägt das Herz schneller

„Ich wollte erreichen, dass die Leser auf einmal realisieren: Oh Gott, bin ich mit dieser Logik der Großwildjäger tatsächlich bis hierher mitgegangen?“
„Ich wollte erreichen, dass die Leser auf einmal realisieren: Oh Gott, bin ich mit dieser Logik der Großwildjäger tatsächlich bis hierher mitgegangen?“ Foto: Oberholzer/laif/Picturedesk
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In ihrem Roman „Trophäe“ wird ein junger Mann aus einem afrikanischen Stamm zur Beute. Ein Gespräch mit Gaea Schoeters über Großwildjagd, die Grenzen westlicher Logik und ihre Erfahrungen beim Tontaubenschießen.

In Ihrem Roman wird Artenschutz mithilfe von Abschusslizenzen finanziert. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

Gaea Schoeters: Ich bin auf Facebook über eine Anzeige gestolpert für eine Trophäenjagd einer seltenen Steinbockart in Pakistan. Mit dem Geld für die Jagdlizenzen sollte ein Zucht- und Schutzprogramm für diese Steinböcke bezahlt werden. Ich musste das dreimal lesen, bis ich es verstand. Dann war ich gleichermaßen fasziniert und schockiert. Im Zuge der Recherche bin ich auf Fotos des Engländers David Chancellor gestoßen, der Jäger in ihren Trophäenzimmern fotografiert hat. Wie eine Bibliothek, aber mit ausgestopften Tieren an der Wand. Und mittendrin saß ein Mann, der ein bisschen aussah wie mein Steuerberater. Da habe ich mich gefragt: Wer ist dieser Mann, und was bringt ihn dazu, nach Afrika zu reisen und seltene oder geschützte Tiere zu jagen?

Haben Sie noch denselben Steuerberater?

(lacht) Den habe ich tatsächlich gewechselt, aber aus anderen Gründen. 

War diese Annonce echt oder Fake?

Das ist ein sehr geläufiges System. Wo es wenig Geld, aber viel Korruption gibt, ist es verführerischer, sich von Wilderern bestechen zu lassen, als die Tiere zu schützen. Denn Schutz kostet Geld. Dank der Einnahmen aus den Jagdlizenzen sind die Tiere aber auf einmal Geld wert, und das gibt auch ihrem Schutz einen Wert. Dieser Zusammenhang hat mich fasziniert.

Woher kam die Idee, dieses System konsequent weiterzudenken und auf bedrohte Stämme umzulegen?

Ich habe gehört, wie über solch einen Stamm geredet wurde, mit derselben Wortwahl, die man normalerweise für Tiere benutzt: Wiedereinführung in ein bestimmtes Gebiet, Reviere, die Sicherung des ökologischen Gleichgewichts. Wenn wir mit denselben Wörtern über Menschen reden wie über Tiere, sehen wir die auch so. So kam ich zum Schluss: Entwicklungshilfe und Menschenjagd passen wunderbar zusammen.

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