Seit einem Jahr arbeitet die brasilianische Köchin Liane im Alpenhotel Kramerwirt in Mayrhofen. Für Junior-Chef Georg Kröll (rechts) war sie ein „Glücksgriff“.
Arbeitsmigration

Vom Amazonas in die Alpen: Warum nun brasilianische Arbeitskräfte die Joblücke füllen sollen

Um des Arbeitskräftemangels im Tourismus Herr zu werden, fischt ein kleiner Tiroler Personalvermittler im großen brasilianischen Arbeitskräftepool. Über volle Hotels, lange Winter und Kaiserschmarren. Eine Reportage über eine junge brasilianische Gastarbeiterin.

Wie immer ging es auch an diesem Abend hektisch zu. Großküche in einer Tourismushochburg – das bedeutet Trubel, Lärm und Geschäftigkeit. „Zur Rushhour geht es dann mitunter schon mal etwas ruppiger zu bei uns“, sagt Küchenchef Markus in kernigem Tirolerisch. Im Alpenhotel Kramerhof herrscht dieser Tage Hochbetrieb. Eigentlich schon seit mehreren Wochen am Stück und ganz sicher noch bis Ostern. Bis dahin ist das Traditionshaus am Mayrhofener Kirchenplatz nämlich ausgebucht. Damit alles so funktioniert, wie es soll, braucht es in der Küche ein eingespieltes Team. „Da muss jeder funktionieren und wissen, was er zu tun hat. Wenn der Wirbel so gegen neun Uhr abends wieder abnimmt, hat sich jeder seinen Feierabend mehr als verdient“, so Markus.

Eine, die im abendlichen Großküchentrubel fast untergeht, ist Liane. Nachdem die Küche geputzt und der Stress vorbei ist, packt sie ihre Sachen und geht auf ihr Mitarbeiterzimmer. Es war wieder einmal ein langer Arbeitstag. Und am nächsten Morgen muss sie sowieso wieder früh raus, Vorbereitung des Frühstücksbuffets ist dann angesagt. Dabei hätte die 29-Jährige aus dem südlichsten Zipfel Brasiliens an diesem Abend besonderen Grund zum Feiern gehabt. Vor genau einem Jahr absolvierte sie bei dem Kramerwirt ihren ersten Arbeitstag, erzählt sie. Schön sei es hier, in den Tiroler Alpen. Das üppige Essen, die Berge, der Schnee – all das kannte sie nicht aus ihrem früheren Leben in Südamerika.

Als sie vor einem Jahr im Zillertaler Wintersportort ankam, war sie überfordert. Sie hatte keinen dicken Pulli im Gepäck, von einer ordentlichen Winterjacke ganz zu schweigen. Kalt war es anfangs und grau. Dass es die Sonne im Winter kaum über die umliegenden Berggipfel schafft, drückte auf das sonnenverwöhnte Gemüt. Die gewohnte brasilianische Lebensfreude und Ungezwungenheit tauschte Liane gegen die oftmals schroffe Tiroler Distanziertheit und durchstrukturierte Wochenpläne. Stammtisch statt Karneval ist seither angesagt, Kaiserschmarren statt Caipirinha. Ob sie wusste, worauf sie sich hier einlässt?

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