Nachruf

Glam-Rocker Steve Harley gestorben

Archivbild von Steve Harley
Archivbild von Steve HarleyImago / Imago Stock&people
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Steve Harley, Kopf der Band Cockney Rebel und gefühlvoller Dompteur singender Fan-Massen, ist tot.

Mit Rouge und Lidschatten konnte er früh umgehen. Das war essenziell für jene Briten, die im Windschatten von Marc Bolan, dem Superstar der frühen Siebzigerjahre, im neuen Genre Glam Rock etwas reißen wollten. 1972 eingeführt, simplifizierten die Musiker hier Soundideen des Progressive Rock, bis sie teenagerkompatibel waren. David Bowie, damals noch Jünger von Bolan, war eine frühe schillernde Figur des Glam. Zudem zweifelhafte Charaktere wie Gary Glitter und Alvin Stardust.

Steve Harley und seine 1972 gegründete Band Cockney Rebel zählten mit Erscheinen ihres Debütalbums „The Human Menagerie“ sofort zu den Lichtgestalten der glamourösen Welle, die mit Exzentrik und Androgynität reizte. Harleys charismatische Stimme führte durch Lieder, die literarische Qualität hatten. Die zehnminütige Ballade „Sebastian“, die Harley schon als Straßenmusiker sang, wurde ein Klassiker der Siebzigerjahre.

Steve Harley auf einem Bild aus den 1970er-Jahren.
Steve Harley auf einem Bild aus den 1970er-Jahren.Imago / Michael Putland / Avalon

Die wirren Sprachbilder sind Harleys damaligem LSD-Konsum abgetrotzt, wie er später einräumte. Live wurde der Song verlässlich zum dramatischen Höhepunkt der Shows. Wie man am legendären Live-Doppelalbum „Face to Face“ (1977) nachhören kann, verausgabte sich Harley hier auf theatralische, aber immer noch beseelte Art. Zum preziösen Klaviermotiv quengelte, ächzte, gluckste, schrie und flüsterte dieser anarchisch intonierende Sohn einer Jazzsängerin. Singles wie „Judy Teen“, „Mr. Soft“ und „Make Me Smile“, ihre einzige Nummer-eins-Single, zählen zu den Standards der Epoche. An „Make Me Smile“ kam Regisseur Todd Haynes in seinem die Glam-Epoche thematisierenden Film „Velvet Goldmine“ natürlich nicht vorbei.

Unvergleichliche Atmosphäre

Anders als ein David Bowie, der sich beständig weiterentwickelte, variierte Harley lieber seine Zauberformel. Die Fans liebten ihn dafür. Cockney-Rebel-Konzerte vermittelten eine unvergleichliche Atmosphäre. Da war einerseits die Band auf der Bühne, andererseits der Publikums­chor, der erstaunlich textsicher war. Ein Sound wie im Fußballstadion war das. Auf seinem Begräbnis solle, so sagte er einmal launig, ein David-Bowie-Song erschallen oder das Frank-Zappa-Instrumental „Peaches en Regalia“. Etwas Gemütsaufhellendes jedenfalls, denn: „I don’t want misery.“

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