Analyse

Geflüchtet, minderjährig – und keiner ist zuständig

In Traiskirchen bleiben UMF oft länger in Betreuung, obwohl das eigentlich nicht so vorgesehen ist.
In Traiskirchen bleiben UMF oft länger in Betreuung, obwohl das eigentlich nicht so vorgesehen ist.APA/Helmut Fohringer
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Türkis-Grün wollte Obsorgeverfahren für Minderjährige, die unbegleitet nach Österreich kommen, beschleunigen. Passiert ist das nicht, die Länder bremsen. Doch es gibt Lösungsansätze.

Wer kümmert sich darum, dass sie in die Schule gehen? Wer entscheidet über medizinische Behandlungen? Wer vertritt sie in Rechtsfragen? Wer kümmert sich um ihre Erziehung? Zusammengefasst: Wem obliegt die Obsorge? Diese Frage sollte eigentlich im Hinblick auf alle Kinder und Jugendlichen in Österreich klar beantwortbar sein. Ist sie aber nicht. Bei jenen Minderjährigen, die als unbegleitete Flüchtlinge herkommen, bleibt sie oft sehr lang offen, kritisiert die Asylkoordination Österreich – länger als in den allermeisten anderen EU-Staaten. Laut einem Bericht der EU-Grundrechteagentur von 2021 bildet Österreich gemeinsam mit Frankreich und Luxemburg das europaweite Schlusslicht. Hier dauert es mehr als einen Monat, bis die Obsorge unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge (UMF), die in Österreich ankommen, geklärt ist.

Entsprechend der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen dürfte das nicht so sein. Laut ihr sollten Kinder von Anfang an, also ab ihrer Ankunft oder Identifizierung als UMF, Obsorgeberechtigte haben. Nun ist es nicht so, dass es dafür in Österreich kein Problembewusstsein gibt. Allen Akteuren ist klar, dass die eingangs genannten Fragen bezüglich Bildung, Erziehung und rechtlicher Vertretung nicht nur für die Minderjährigen selbst, sondern auch für eine gelungene Integration von Bedeutung sind. Entsprechend hat sich die türkis-grüne Regierung zum Ziel gesetzt, Verbesserungen vorzunehmen. Im Regierungsprogramm steht: „Schutz und Rechtsstellung von geflüchteten Kindern verbessern: Schnelle Obsorge für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) durch die Kinder- und Jugendhilfe und Berücksichtigung des Kindeswohls im Asylverfahren; besonderes Augenmerk im Asylverfahren auf UMF.“

Nicht umgesetzt

Umgesetzt worden ist das ein halbes Jahr vor Ende der Legislaturperiode noch nicht. Und das, obwohl ein Gesetzesentwurf für die Obsorge durch die Kinder- und Jugendhilfe ab Tag eins laut „Presse“-Informationen seit geraumer Zeit im Justizministerium liegt. Die Länder aber dürften sich dagegen wehren – nicht ganz ohne Grund. Was ist los? Um das zu verstehen, muss man wissen, dass die Kinder- und Jugendhilfe und damit die Obsorge unter Schwarz-Blau (und mit Zustimmung der SPÖ) „verländert“ wurde. Im Regelfall sollte der Prozess nun so laufen: Nachdem die UMF nach Österreich gekommen sind, stellen sie einen Asylantrag und kommen in die Bundesbetreuung. Wenn das Verfahren eröffnet ist, wechseln sie in die Landesbetreuung. Dort beantragt dann die zuständige Kinder- und Jugendhilfe die Obsorge.

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