Wort der Woche

Die Müllberge werden immer größer

Selbst bei optimistischsten Annahmen ist eine Welt ohne Abfall illusorisch, sagt eine Studie des UN-Umweltprogramms UNEP. Das unkontrollierte Zumüllen der Welt könnte aber beendet werden

Die Welt erstickt immer mehr im Zivilisationsmüll, den wir hinterlassen: Laut dem eben vom UN-Umweltprogramm UNEP veröffentlichten „Global Waste Management Outlook 2024“ fielen im Jahr 2020 weltweit rund 2,1 Mrd. Tonnen Siedlungsabfall (Verpackung, Lebensmittelabfälle, Altkleidung, kaputte Geräte etc.) an. Wenn nichts geschieht, wird sich der Müllberg bis 2050 auf 3,8 Mrd. Tonnen fast verdoppeln, so die Autoren. Zwei Drittel des Zuwachses ist auf den zunehmenden Wohlstand zurückzuführen, ein Drittel auf das Bevölkerungswachstum.

Das Schlimmste daran ist, dass sich auch die unkontrollierte Entsorgung bzw. das offene Verbrennen von Müll bis 2050 verdoppelt – von derzeit rund 800 Mio. Tonnen auf unglaubliche 1,6 Mrd. Tonnen pro Jahr. Die Kosten (inklusive Umweltschäden) wachsen von aktuell rund 360 Mrd. Dollar auf 640 Mrd. Dollar.

Die Fachleute haben nun zwei Szenarien entwickelt, wie die Müllmenge, die unbehandelt in die Umwelt gelangt, bis 2050 eliminiert werden könnte. Das Szenario „Waste under Control“ sieht vor, dass weltweit die anfallende Abfallmenge vom Wirtschaftswachstum entkoppelt und zugleich der gesamte Hausmüll gesammelt wird – dann würde der Siedlungsabfall bis 2050 „nur“ auf 3,1 Mrd. Tonnen zunehmen. Das Szenario „Circular Economy“ sieht zusätzlich eine starke Steigerung von „Eco Design“, Wiederverwendung und Recycling vor – dann wäre es denkbar, dass sich die jährliche Müllmenge auf heutigem Niveau stabilisiert oder sogar auf 1,3 Mrd. Tonnen sinkt.

Diese Ergebnisse haben zwei Seiten: Der positive Aspekt ist, dass es offenbar möglich ist, den unbehandelten Abfall in der Umwelt durch Fortschritte bei Abfallvermeidung und -bewirtschaftung auf null zu reduzieren – wobei man gleichzeitig Kosten von jährlich gut 100 Mrd. Dollar einsparen könnte. Die negative Seite ist freilich, dass selbst bei optimistischsten Annahmen eine Welt ohne Müll auf absehbare Zeit illusorisch ist.

Aber auch die erwähnte positive Seite scheint unrealistisch, denn das große Müllwachstum findet dort statt, wo das Abfallmanagement am schlechtesten funktioniert. Und wie ausgerechnet Länder in Sub-Sahara-Afrika oder in Südasien (wo derzeit nur ein Drittel aller Siedlungsabfälle gesammelt wird) die immensen Investitionen für ein funktionierendes Abfallwirtschaftssystem stemmen können sollen, ist schleierhaft. Keine guten Nachrichten also.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist nun Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com
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