Economist-Insider

Österreich wird ärmer

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Kürzlich veröffentlichte Zahlen der Statistik Austria zeigen: Österreich wird ärmer. Viele Ältere denken gar nicht daran, wieder zu arbeiten – auch wenn sie noch gar nicht so alt sind. Und der überwiegende Teil der Frauen sitzt nicht in der „Teilzeitfalle“, sondern arbeitet gern in Teilzeit.

             

Jeannine Hierländer
stv. Ressortleiterin Economist

Jeannine Hierländer
 

Guten Morgen!

Am Dienstag veröffentlichte die Statistik Austria interessante Zahlen. Aus den Daten – und aus den politischen Reaktionen darauf – lassen sich Schlüsse ziehen, über die wir nachdenken sollten.

1. Österreich wird ärmer. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf ist die international gängige Messeinheit für den Wohlstand eines Landes. Die gesamte Wirtschaftsleistung Österreichs liegt zwar trotz Rezession über dem Niveau von vor der Coronakrise. Das BIP pro Kopf konnte aber nicht Schritt halten. Es lag voriges Jahr unter dem Niveau des Jahres 2018.

Ein wesentlicher Grund ist die starke Zuwanderung: Anfang 2019 lebten 8,86 Millionen Menschen in Österreich. Anfang 2023 waren es schon 9,1 Millionen und bis 2030 werden es 9,37 Millionen sein. Wenn die Wirtschaft nicht im selben Ausmaß wächst, verteilt sich derselbe Kuchen auf immer mehr Köpfe. Der Wohlstand nimmt ab. Entscheidend ist daher, dass Menschen zuwandern, die etwas zum Wachstum beitragen. Sonst wird diese Entwicklung beschleunigt.

2. Die meisten Älteren wollen nicht zurück in den Job und die meisten Teilzeitkräfte denken nicht daran, in Vollzeit zu wechseln. In der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung sagte nur ein Viertel der 55- bis 59-Jährigen in Österreich, dass sie gern wieder erwerbstätig wären (lesen Sie den Artikel hier nach).

Vor allem bei Männern steigt die Teilzeit. Was gut und schlecht gleichzeitig ist: Gut, weil es zeigt, dass Österreich ein wohlhabendes Land ist, in dem es ein wachsender Teil der Erwerbstätigen offenbar nicht notwendig hat, Vollzeit zu arbeiten. Schlecht, weil diese Arbeitsstunden in den Unternehmen und die Beiträge im Sozialsystem fehlen. 

Aber man kann es ihnen nicht verdenken: Steuern und Abgaben haben in Österreich ein derart hohes Niveau erreicht, dass einem das (Mehr-)Arbeiten abgewöhnt wird.

3. Die meisten Frauen sitzen nicht in der Teilzeitfalle, sondern arbeiten gern in Teilzeit. 39 Prozent der Frauen nannten im Mikrozensus Pflege und Betreuung als Grund für die Teilzeit. Und sage und schreibe 70 Prozent davon sagten, dass sie die Betreuung selbst machen möchten. 

Die Gewerkschaft kennt diese Zahl offenbar nicht, oder sie glaubt sie nicht. Jedenfalls kam am Dienstag aus dem ÖGB die übliche Reaktion: „Mehr als die Hälfte der Frauen arbeitet Teilzeit und das fast ausschließlich, weil sie Betreuungspflichten nachgehen müssen (…) Von echter Wahlfreiheit (…) kann hier keine Rede sein.” 

Nun ja, besser einmal die Frauen selbst fragen.

Herzlich, Ihre

Jeannine Hierländer

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