Osterfestspiele

In dieser „Johannes-Passion“ kann Jesus auch eine Frau sein

Eine Passion in Weiß-Grau-Beige.
Eine Passion in Weiß-Grau-Beige.Bernd Uhlig / Osterfestspiele
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Choreografin Sasha Waltz interpretiert Bachs Passion in mystischen Bildern: ausdrucksvoll mit starken Soli, aber mitunter plakativ.

Der zu erwartende Verlust lässt sich schon im ersten Bild ablesen: Auf einem langen, schräg gestellten Tisch stehen zehn Nähmaschinen. Eine zu wenig für die elf Tänzer und Tänzerinnen, die gleich anfangen werden, an ihren weißen Gewändern zu nähen, die sie im Verlauf der folgenden 135 Minuten immer wieder an- und ausziehen werden. Nackt treten sie auf die Bühne. Bloß, als wären sie Kinder, Habenichtse, unbeschriebene Blätter, setzen sie sich an den Tisch, geben den Nadeln Gas, werken vertieft, zupfen am Stoff, ahnen nichts von dem, das da kommen wird. Es erinnert in Setting und Unbekümmertheit an Da Vincis „Das letzte Abendmahl“. Nur ist hier nicht klar, wer denn der ist, der gleich verraten werden wird.

Das lässt Choreografin Sasha Waltz, die zum ersten Mal ein religiös konnotiertes Musikwerk interpretiert, bewusst offen. Denn in ihrer Auslegung der „Johannes-Passion“ von Johann Sebastian Bach, die bei den Salzburger Osterfestspielen zur Uraufführung kam, gibt es nicht nur einen Darsteller für Jesus, sondern mehrere. Auch Frauen hängen da angeklammert an Bretter, die das Kreuz symbolisieren, oder werden behutsam am Bühnenrand abgelegt, wie in Caravaggios „Grablegung Christi“. Ein andermal bilden die Protagonisten mit Hilfe flexibler Holzrahmen einen großen Flügelaltar, in dem sie wie ein Tableau vivant agieren.

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