Pizzicato

Der Chef blieb in der Küche

Warum ist der Wettlauf der Kellnerinnen und Kellner mit Tablett durch Paris eigentlich keine olympische Disziplin? Nicht am Start war indes der Chefkoch.

Was tut man nicht alles zum Gaudium der Touristen? In Wien kutschieren Fiakerinnen und Fiaker Besucher durch die Innenstadt, damit sie sich für eine Stunde wie Prinzessinnen und Prinzen fühlen können. In Rom stehen sich Gladiatoren vor dem Kolosseum die Beine in den Bauch, in Jerusalem wiederum trägt ein Fake-Jesus am Karfreitag das Kreuz durch die Via Dolorosa. Und in Pamplona treiben sie Stiere durch die Gassen. Eine Hatz als Hetz.

Zuweilen vermischt sich das alles zu Literatur, wie in Ernest Hemingways Roman „Fiesta“, in dem er den Stierkampf mit der Pariser Bohème verquickt. Und was wäre sie ohne das Café?

Seit 1914 besteht in Paris die Tradition, dass Kellner und Kellnerinnen ganz klassisch mit weißem Hemd und schwarzer Hose samt Tablett mit einer Tasse Kaffee, einem Glas Wasser und einem Croissant durch das Marais, das schicke dritte und vierte Arrondissement, laufen. Oder wackeln, watscheln, jonglieren. Warum ist das eigentlich keine olympische Disziplin wie das 20-Kilometer-Gehen? Es soll jedenfalls die Lust wecken an den Olympischen Spielen in Paris im Sommer. Im Ziel zählte der olympische Gedanke. Nicht am Start war indes der Chefkoch, Maître, Patron, Monsieur le Président – obwohl sich Emmanuel Macron sonst für keinen Gag zu schade ist. Der Chef blieb in der Küche. Dort kommt er auch so genug ins Schwitzen.

E-Mails an: thomas.vieregge@diepresse.com

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