Kompositions-Wettbewerb

Auf der Suche nach einem neuen, effektvollen Violinkonzert

Die Alban-Berg-Stiftung schreibt einen Wettbewerb aus, der sich an einem der Hauptwerke des Namenspatrons orientiert.

Alban Bergs Violinkonzert gehört zu den außergewöhnlichen – und außergewöhnlich erfolgreichen – Kompositionen der musikalischen Moderne. In der bis heute von vielen Musikfreunden als „gefährliche Drohung“ empfundenen „Zwölftonmethode“ Arnold Schönbergs geschrieben, wurde das Stück gleichermaßen zur Ikone der Avantgarde wie auch einem Repertoirestück, beliebt bei Musikern und Publikum. Kaum ein Werk der Zweiten Wiener Schule wurde dermaßen oft gespielt und von den meisten bedeutenden Geigern auch im Aufnahmestudio realisiert.

Die erstaunliche Popularität des auch formal innovativen Konzerts hat die Wiener Alban-Berg-Stiftung nun auf eine originelle Idee gebracht: Im Gedenken an den Komponisten richtetet man einen Preis für ein neues Violinkonzert aus, das mit Bezug auf das Vorbild aus dem Jahr 1935 geschrieben werden soll – für einen Violinsolisten und ein Orchester, das jedenfalls nicht größer besetzt sein darf als Bergs Werk.

Maximal 25 Minuten lang

Auch die Aufführungsdauer soll sich an Bergs Konzert orientieren und 25 Minuten nicht überschreiten. Ob die zeitgenössischen Komponisten Anno 2024 auch persönliche Bezüge in ihrer Musik anklingen lassen möchten, bleibt ihnen zwar freigestellt. Aber auch diesbezüglich wird in den Ausschreibungsbedingungen die Orientierung an Berg nahegelegt. Er hatte damit zwar einen Auftrag des Geigers Louis Krasner erfüllt, aber gleichzeitig seinem Werk eine sehr persönliche Botschaft auf den Weg mitgegeben: Das Konzert ist „dem Andenken eines Engels“ gewidmet.

Der „Engel“, das war Manon Gropius, die Tochter Alma Mahlers, eine allseits geliebte und bewunderte junge Frau, die im Alter von 18 Jahren in Folge einer Kinderlähmung eines grausamen Todes sterben musste. In Bergs Violinkonzert vernehmen wir zunächst ein poetisch tönendes Porträt des Mädchens, dann aber auch ihren Todeskampf und eine „Verklärung“. Der Bach-Choral „Es ist genug“ verschwistert sich zuletzt mit einem Kärntner Volkslied zu einem der klangschönsten, ganz in Erinnerung an die altgewohnte Dur-Moll-Tonalität gehaltenen, aber doch aus der Zwölftonreihe entwickelten Konzertschlüssen der Musikgeschichte.

Uraufführung im Musikverein

Die Messlatte für die Novität liegt also hoch. Einsendeschluss für die Manuskripte ist der 15. Dezember 2024. Das erscheint kurzfristig, aber auch diesbezüglich lieferte Alban Berg die Steilvorlage: Er war, als ihn Krasners Auftrag erreichte, gerade mit der Vollendung seiner Oper „Lulu“ beschäftigt und schob die Arbeit am Violinkonzert zwecks Geldbeschaffung ein.

Das erklärt den für Bergs Verhältnisse extrem kurzen Entstehungsprozess, vielleicht aber auch die innere Geschlossenheit der Komposition, die ihn tatsächlich von der Fertigstellung seiner zweiten Oper abhielt. Berg starb 1935, ohne den dritten Akt der „Lulu“ fertig instrumentieren zu können. Dem Sieger im Wettbewerb winken 20.000 Euro sowie eine Aufführung durch das Webern-Orchester der Wiener Musikuniversität im Großen Musikvereinssaal.

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