Musik

Die schlichte Wahrheit: Liedtexte sind einfacher geworden

Von Miley Cyrus kennt man Textzeilen wie „The only thing that‘s missing here is you and our TV“.
Von Miley Cyrus kennt man Textzeilen wie „The only thing that‘s missing here is you and our TV“. Reuters / Mike Blake
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Computerwissenschaftler fanden, dass die Komplexität der Lyrics abgenommen hat. Über verschiedene Genres hinweg – und auch im Rap. Warum?

Wer nicht mit den Beatles glaubt, dass „es“ immer besser wird („It’s getting better all the time“), sondern im Gegenteil, wird sich bestätigt fühlen von einer Studie, die die Computerwissenschaftlerin Eva Zangerle (Uni Innsbruck) soeben gemeinsam mit Kollegen aus Wien, Linz, Graz und Nürnberg in „Scientific Reports“ veröffentlicht hat. Der Titel der Arbeit fasst ihre Essenz zusammen: Liedtexte sind im Lauf der letzten fünf Jahrzehnte simpler und repetitiver geworden.

Der ausgewertete Zeitraum umfasst, genauer gesagt, die Jahre von 1970 bis 2020, das anfangs zitierte Lied („Getting Better“, 1967) ist also sicher nicht im Sample. Quelle für die Songtexte war die Plattform Genius, die von Freunden der Poplyrik auch geschätzt wird, weil sie zu vielen Songs Material für deren Interpretation bietet. Dieses verwendeten die Forscher freilich nicht, sie charakterisierten die Songs nach leicht quantifizierbaren Eigenschaften wie Anzahl der Wörter mit mehr als drei Silben, Anzahl ungewöhnlicher Wörter (solche, die nicht in der Datenbank WordNet sind), Häufigkeit, mit der der Songtitel im Song vorkommt.

Rap wurde emotionaler

Zur Analyse ausgewählt wurden – laut Angaben von Zangerle nach dem Zufallsprinzip – je 2400 Songs aus den Genres Rap, Country, Pop, R&B und Rock. In allen Genres seien die Texte einfacher geworden, schreiben die Forscher, in Rap und Rock sei besonders das Vokabular geschrumpft. Im Rap seien die Texte mit der Zeit emotionaler geworden, in R&B, Pop und Country weniger positiv. Weiters sei in allen Genres ein Trend zu mehr Zorn in den Texten zu konstatieren. (Was Freunde des alten Punk verwundern wird.)

Zangerle erklärt die konstatierten Trends dadurch, dass Songs häufiger im Hintergrund laufen und über Streaming statt nach bewusstem Kauf eines Tonträgers konsumiert werden: „Das Musikstück muss in den ersten 10 bis 20 Sekunden überzeugen, sonst wird zum nächsten Lied gewechselt.“

Noch ein unerwartetes Ergebnis: Rockfans suchen auf Genius häufiger die Texte von älteren Songs, Freunde des Country interessieren sich eher für kürzlich Erschienenes. Beiden sind jedenfalls die Texte offenbar wichtiger als Konsumenten von R&B und Pop. (APA/tk)

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