Modemarketing

Ein heißer Mann kann auch nicht alles

Jeremy Allen White mag vieles können, zaubern kann er nicht.
Jeremy Allen White mag vieles können, zaubern kann er nicht.APA / AFP / Valerie Macon
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Die Kampagne von Calvin Klein mit Publikumsliebling Jeremy Allen White ist im Netz viral gegangen. Und trotzdem sinkt der Umsatz des Wäschelabels.

„You don’t own me/I’m not just one of your many toys.“ Anfang des Jahres klang Lesley Gores bestärkende Nummer kurzzeitig aus der Buchse eines jeden Smartphones, dazu Jeremy Allen White, einer von Hollywoods neuen Schwärmen, auf Manhattans Dächern im Schlüpfer. Es war wahrlich eine seltsame Entscheidung von Calvin Klein, die Slow-Motion-Aufnahmen des halbnackten Publikumslieblings mit der Ode an die Selbstbestimmung der Frau zu unterlegen. Einmal mehr verkehrt wirkt dadurch das britische Verbot der Calvin-Klein-Plakate mit Musikerin FKA Twigs zur selben Zeit, wegen der „Stereotypisierung zum Sexobjekt“. Sie selbst hat widersprochen (das Verbot wurde mittlerweile aufgehoben).

Schon seit den Siebzigerjahren macht das Wäschelabel mit seinen Anzeigen immer wieder von sich reden. Eine Jeans-Werbung in den Neunzigerjahren befand der damalige US-Präsident Bill Clinton als zu lasziv, später sorgte eine fast nackte Kate Moss für Aufsehen. Gegenüber der „New York Times“ hat Klein selbst einmal zugegeben, bewusst mit der Provokation gespielt zu haben.

Mittlerweile gehört die Marke dem Kleidungskonzern Phillips-Van Heusen (PVH), nach der Jahrtausendwende wurde sie für 430 Millionen Dollar verkauft. Hier hat man lange auf gediegenere Sujets gesetzt, weiß aber inzwischen mit Kampagnen im Netz einzuschlagen. Das beste Beispiel liefert ebenjener Clip mit Schauspieler White, wenn auch jene um Kendall Jenner, Jennie Kim und Michael B. Jordan einige Aufmerksamkeit erzeugt haben. White aber hat in seiner Boxer Brief alles übertroffen, das Engagement für die Marke auf Instagram stieg im Jänner im Vergleich zum Vorjahr um 85 Prozent, schreibt das Branchenportal „Business of Fashion“ (BoF). Die Unterwäscheverkäufe schnellten in der Woche nach dem Start besagter Kampagne um 30 Prozent in die Höhe, wohl aber nur kurzzeitig.

Auf den Umsatz des gesamten letzten Quartals – inklusive des Monats nach der Veröffentlichung der Werbung mit White – hat sich die Masseneuphorie aber nicht ausgewirkt, der dürfte im Vergleich zum Vorjahr sogar gesunken sein, auch das berichtet „BoF“. Auch in den vergangenen Jahren teilte das Unternehmen immer wieder rückläufige Zahlen mit, Ende 2022 zog sich die damalige Chefin zurück.

Freilich braucht es Zeit, um schlechte Verkaufszahlen wieder aufzupeppeln, vor allem bei einer derart großen Marke wie Calvin Klein eine ist. Das kann ein Mann alleine nicht richten, da kann er noch so stark und begehrt sein. Ein guter Anfang war es dennoch, das kulturelle Moment für sich zu nutzen. Wird gewiss nicht das letzte Mal gewesen sein. (evdin)

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