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Widerstand gegen „Manifest“ zum deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk

ZDF-Landesstudio Hamburg
ZDF-Landesstudio HamburgIMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/KJPeters
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In einem „Manifest“ fordern rund 100 Unterzeichner einen „neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland“. Die Redakteursvertretungen wehren sich: Der Eindruck, der hier verbreitet würde, sei falsch.

Ein „Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ sorgt für Aufregung in Deutschland. In dem seit Kurzem kursierenden sechsseitigen Schreiben werden Vorwürfe gegen den Öffentlich-Rechtlichen erhoben: Die rund 100 Unterzeichner sehen die im deutschen Medienstaatsvertrag festgelegten Grundsätze und den Programmauftrag in Gefahr. „Zweifel an der Ausgewogenheit des Programms wachsen“, heißt es in dem Schreiben. „Die zunehmende Diskrepanz zwischen Programmauftrag und Umsetzung nehmen wir seit vielen Jahren wahr.“

Unterzeichnet wurde das Schreiben unter anderem von den Schauspielern Henry Hübchen und Corinna Kirchhoff, der Kabarettistin Lisa Fitz, sowie der kontroversiellen Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot und dem früheren Fernsehpfarrer Jürgen Fliege. Insgesamt 33 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hätten anonym unterzeichnet, heißt es in dem Schreiben.

Chöre und Begriffe wie „Querdenker“

Der Großteil der breiten Forderungen beschäftigt sich mit den Arbeitsbedingungen im Rundfunk: Man wünscht sich einen Verzicht auf sämtliche Werbeeinnahmen, die Anstellung Freier Mitarbeiter, dass Einschaltquoten keine Rolle mehr spielen und die Schaffung „eigener Klangkörper wie Orchester, Big Bands und Chöre“. Außerdem eine Verstärkung der Regionalberichterstattung und stärkere Partizipation des Publikums – auch in der Programmgestaltung – sowie dauerhafte Abrufbarkeit der Inhalte online. Zudem „eine von Rundfunkbeiträgen finanzierte, nicht kommerzielle Internetplattform für Kommunikation und Austausch“.

Bei den Redakteursvertretungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat das „Manifest“ Widerstand hervorgerufen – was vor allem am ersten Punkt des Schreibens liegen dürfte, der sich mit „bestehenden Problemen“ beschäftigt, wie es im Manifest heißt: Den Sendern wird vorgeworfen, Meinungsmache und Berichterstattung zu vermischen. „Stimmen, die einen – medial behaupteten – gesellschaftlichen Konsens hinterfragen, werden wahlweise ignoriert, lächerlich gemacht oder gar ausgegrenzt“, heißt es. Man würde sich „Kampfbegriffen“ bedienen, so das Schreiben, als Beispiele nimmt es die Bezeichnungen „Querdenker“, Schwurbler“, „Klima-Leugner“, „Putin-Versteher“, „Gesinnungspazifist“. So werde versucht, „Minderheiten mit abweichender Meinung zu diffamieren und mundtot zu machen“. Besonders kritisiert werden Faktenchecks.

»Der Eindruck, dass in den Sendern nur vorgegebene Meinungen diskutiert und verbreitet würden und nur ‚Mainstream‘-Themen und -Berichterstattung stattfinden könnten, ist falsch.«

Arbeitsgemeinschaft der der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse bei ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutsche Welle

Gegen diese Vorwürfe wehrt sich die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redakteursausschüsse bei ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutsche Welle (Agra), berichten der „Spiegel“ und andere deutsche Medien: „Der Eindruck, dass in den Sendern nur vorgegebene Meinungen diskutiert und verbreitet würden und nur ‚Mainstream‘-Themen und -Berichterstattung stattfinden könnten, ist falsch“, heißt es demnach in einem Statement der Agra, die sich aus gewählten Vertretern der Redaktionen zusammensetzt. Es gebe eine lebhafte Streitkultur, und Berichterstattung finde grundsätzlich nach journalistischen Prinzipien statt.

Auch das ZDF hat sich zu Wort gemeldet. Der Sender begrüße und fördere ausdrücklich Meinungspluralismus – im Programm, in der Gesellschaft und im Unternehmen, heißt es in einem Statement: „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ZDF haben nicht nur bei internen Dialogveranstaltungen und in Redaktionskonferenzen jederzeit die Möglichkeit, sich kritisch zu äußern.“

»Das jetzt veröffentlichte Dokument, das offenbar einige Beschäftigte von ARD-Medienhäusern mitunterzeichnet haben, bildet in Teilen eine Diskussion ab, die in den ARD-Medienhäusern kontinuierlich geführt wird.«

Sprecher der ARD

Zum beitragsfinanzierten öffentlichen Rundfunk gehöre es, dass er sich kritischen Diskussionen stelle, so ein Sprecher der ARD: „Das schließt natürlich die selbstkritische Betrachtung des eigenen Tuns mit ein.“ Und weiter: „Das jetzt veröffentlichte Dokument, das offenbar einige Beschäftigte von ARD-Medienhäusern mitunterzeichnet haben, bildet in Teilen eine Diskussion ab, die in den ARD-Medienhäusern kontinuierlich geführt wird.“ Die ARD wertet das Manifest als Ausdruck von Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit. (Red.)

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