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Wie der Industriemotor stottert

Wien, Baustelle, Kran, Wohnbau, Immobilien, Baukran
Foto: Clemens Fabry
Wien, Baustelle, Kran, Wohnbau, Immobilien, Baukran Foto: Clemens FabryClemens Fabry
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Der verschobene Aufschwung ist bei den produzierenden Unternehmen sichtbar. Eine Kehrtwende zeichnet sich nicht ab, die Industrievertreter bleiben aber hoffnungsvoll.

Wien. Es sind „alles andere als erfreuliche Zahlen“, sagte Siegfried Menz, Obmann der Bundessparte Industrie in der Wirtschaftskammer (WKÖ), am Freitag in einem Pressegespräch. Erst kürzlich korrigierten das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und das Institut für höhere Studien (IHS) ihre Wachstumsaussichten für das heurige Jahr drastisch nach unten. So gehen beide nur noch von einem Wachstum von weit unter einem Prozent aus (Wifo: 0,2 Prozent, IHS: 0,5 Prozent). Ein Dämpfer, den die Industriedaten der WKÖ zeigen.

2023 erwirtschaftete Österreichs Industrie 217,4 Mrd. Euro, das ist ein Rückgang gegenüber dem Rekordjahr 2022 von 14,2 Prozent. Klammert man die Mineralölindustrie, Gas- und Wärmeversorgungsunternehmen aus, ergibt sich für die verbleibenden Branchen ein Produktionsrückgang von 2,8 Prozent. 

Hohe Lohnstückkosten

In keinem Monat des Vorjahrs verkauften die Industriefirmen mehr als 2022. Damit lag die abgesetzte Produktionsmenge stets im negativen Bereich (siehe Grafik). Insgesamt wurden um 6,7 Prozent weniger bestellt als 2022. Besonders schlecht lief es vor allem für die metalltechnische Industrie. Sie gilt als die Speerspitze der heimischen Industrie, die sich gerade in einer Rezession befindet. Daneben strauchelten auch die Papier-, Holz- und Nicht-Eisenmetallindustrie sowie die chemische Industrie, so der WKÖ-Bundesspartengeschäftsführer Andreas Mörk. Eine Kehrtwende sei nicht in Sicht, wie die Vertreter in ihren Umfragen sehen.

„Besorgniserregend sind vor allem die Rückgänge bei den Auftragseingängen aus dem Ausland“, so Mörk. In dem Bereich gab es im Vergleich zu 2022 um neun Prozent weniger Bestellungen, und das drücke die Produktion 2024 massiv.

Das ist besorgniserregend, weil mehr als sieben von zehn Euro aller Auftragseingänge aus dem Ausland kommen. „Das ist, wovon die österreichische Industrie lebt.“ Ein Faktor, der zu dieser Schieflage beiträgt, sind die Lohnstückkosten, also das Verhältnis von Produktion zu Arbeitszeit. „Innerhalb von zwei Jahren sind die Lohnstückkosten um fast 20 Prozent gestiegen. Im Vorjahr haben sich die Lohnstückkosten um 11,8 Prozent erhöht, heuer lautet die Prognose 9,6 Prozent“, rechnet Mörk vor. Wenn sich dann auch noch die Löhne erhöhen, die in der Industrie in der Regel ein Drittel vom Gesamtumsatz ausmachen, dann „geht es sich hinten und vorn nicht mehr aus“, so Menz. „Das sind Preiserhöhungen, die sich in den Gütern kaum unterbringen lassen, womit die heimischen Produkte im internationalen Wettbewerb schwer bestehen ­können. Da verlieren wir Marktanteile.“

Gleichzeitig ist trotz der trüben Aussichten die Beschäftigung auf einem Höchststand. Denn beim Personalabbau sind Firmen derzeit zögerlich, auch wenn es gerade weniger Aufträge gibt. „Der Arbeitsmarkt erlaubt es aktuell nicht, sich die benötigten Fachkräfte in zwei oder drei Jahren wieder zu holen. Da ist es besser, Mitarbeiter, die gut ausgebildet sind, zu halten.“ Menz relativiert: „Wenn wir hier nächstes Jahr wieder stehen, wird es bei der Beschäftigung anders aussehen.“

Hoffnung auf Nachfrage

Der Ruf nach besseren Rahmenbedingungen ist facettenreich. Allen voran fordern die Industrievertreter eine Verlängerung der Strompreiskompensation bis 2030 und die generelle Versorgungssicherheit im Energiebereich.

Zudem wünschen sie sich mehr Geld für Forschung und Entwicklung. Derzeit gebe es bei der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) viele Projekte, für die das jetzige Budget nicht reicht. Zudem warnt die Kammer vor noch mehr Bürokratie – gerade im Zusammenhang mit dem Lieferkettengesetz, bei dem man noch nicht abschätzen könne, was auf die Unternehmen zukommt. „Bürokratieabbau steht im Regierungsprogramm, aber kein Mensch spürt etwas davon“, kritisiert Menz.

Die Hoffnung wollen die Vertreter trotzdem nicht verlieren, wie sie betonen. „Wir hoffen vor allem, dass die Nachfrage nach unseren Gütern aus dem Ausland schnell wieder anzieht und wir dort bald wieder ein Plus verzeichnen.“

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