Weltgesundheitstag

„Kostenfrei und auf Augenhöhe“: Ein Gesundheitszentrum für alle

Andreas Pollak ist der Initiator des Gesundheitszentrums.
Andreas Pollak ist der Initiator des Gesundheitszentrums.Verein T.I.W.
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Das Gesundheitszentrum des Vereins T.I.W. bietet sozial benachteiligten Jugendlichen einen niederschwelligen Zugang zu ärztlichen Leistungen – der Fokus liegt auf Vorsorge.

Sich im komplexen österreichischen Gesundheitssystem zurechtzufinden und bei Beschwerden oder für eine Vorsorge­unter­suchung die aus medizi­nischer und ökonomischer Sicht effizienteste Stelle aufzusuchen, ist für niemanden leicht. Nicht umsonst gilt die Stärkung der allgemeinen Gesundheitskompetenz und Eigenverantwortung als eine der größten Aufgaben für die Zukunft, um Spitäler, Ordinationen und Ambulatorien zu entlasten und Wartezeiten auf Untersuchungen sowie Behandlungen zu reduzieren, damit die Qualität der medizinischen Versorgung der Bevölkerung erhöht wird. Diese Botschaft gehört in Österreich zu den wichtigsten des Weltgesundheitstags am 7. April.

Besonders groß ist besagte Herausforderung für Jugendliche und junge Erwachsene, die aus sozial benachteiligten Schichten kommen, Flucht- oder Migrationsgeschichte haben, nicht gut Deutsch sprechen oder körperlich bzw. mental eingeschränkt sind. Um ihnen eine Anlaufstelle zu bieten, wurde vor drei Jahren im 17. Bezirk das Gesundheitszentrum des Vereins T.I.W. (Training, Integration, Weiterbildung) errichtet, finanziert durch die Zurich Foundation (mit rund 400.000 Euro pro Jahr) und logistisch sowie strukturell unterstützt von der Vinzenz Gruppe.

Lücke im System

Mit dem Ziel, diesen Personen eine Art Wegweiser durch das österreichische Gesundheitssystem anzubieten – mit Beratungen, Vorsorgeuntersuchungen, Nachbesprechungen, Seminaren und Workshops. Durchgeführt von Ärzten, Psychologen und Pädagogen, „die die Sprache dieser Patienten sprechen“, sagt Andreas Pollak, Geschäftsführer des Vereins und Initiator des Zentrums. „Dieses Personal weiß genau, wie eine Frage formuliert gehört, damit sie verstanden und beantwortet wird. Ein Beispiel: Gefragt wird nicht danach, wie viel Wasser jemand am Tag trinkt, sondern ganz konkret danach, wie viele Gläser es pro Tag sind.“

Derzeit sind im T.I.W.-Gesundheitszentrum drei Ärztinnen, zwei Psychologinnen und zwei Pädagoginnen angestellt. Das Angebot ist kostenlos und soll neben dem Hauptziel (die Stärkung der Gesundheitskompetenz und die Schärfung des Bewusstseins für den eigenen Körper) auch eine Lücke im Gesundheitssystem hinsichtlich Vorsorge schließen: Auf die jährliche Vorsorgeuntersuchung, die von den Kassen bezahlt wird, haben nämlich Jugendliche, die noch nicht in einer Ausbildung oder im Berufsleben sind, aber auch nicht mehr zur Schule gehen, keinen Anspruch. Dieser Check-up kann im Zentrum kostenlos in Anspruch genommen werden.

„Der Bedarf ist hoch“

Die Patienten setzen sich zu rund 60 Prozent aus Österreichern zusammen, der Rest hat Flucht- oder Migrationsgeschichte. Für alle Angebote sind Terminvereinbarungen erforderlich. Im Jahr 2023 wurden 449 medizinische Behandlungen und 1407 Einheiten zur psychologischen Diagnostik und Be­ratung durchgeführt. An 349 Seminaren zur Gesundheitsvorsorge nahmen 3335 Personen teil. Die Tendenz ist in allen Bereichen stark steigend. Die Anzahl der Seminare zur Gesundheitsvorsorge etwa hat sich mehr als verdoppelt. „Der Bedarf ist hoch“, sagt Pollak. Und bekräftigt: „Der Zugang zum Gesundheits­system muss für alle Jugendlichen niederschwellig möglich sein. Nur dann kann Chancengleichheit für alle – auch mit Blick auf Einstieg ins Ausbildungs- und Erwerbssystem – erreicht werden.“ Niederschwellig bedeute unbürokratisch, kostenfrei, auf Augenhöhe. Dieser Zugang rechne sich auch aus volkswirtschaftlicher Sicht.

Was auch der Grund für das Engagement der Vinzenz Gruppe ist. „Wir sind der Meinung, dass Unternehmen eine Verantwortung im Engagement gegen die Not der Zeit haben“, sagt Geschäftsführer Michael Heinisch. „Daher sind wir froh, durch die Unterstützung von Initiativen wie T.I.W. unseren Beitrag für eine gesunde Zukunft von Jugendlichen zu leisten.“

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