Chemie

Der Katalysator macht’s: Verbesserte Ammoniak-Gewinnung

Im Desy (Deutsches Elektronen-Synchrotron).
Im Desy (Deutsches Elektronen-Synchrotron).Rameshan
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Die Herstellung von Ammoniak verbraucht viel Energie. Ein Team aus Leoben klärt die Vorgänge in Katalysatoren auf, um bei diesen Prozessen Strom zu sparen. Ammoniak ist für unsere Lebensmittelproduktion wichtig und ein möglicher Treibstoff in der Schifffahrt.

Wir brauchen dringend Alternativen für Erdöl, Erdgas und andere fossile Energieträger. Neben Wasserstoff als Treibstoff oder Energiespeicher kommt immer stärker Ammoniak ins Spiel. Diese chemische Verbindung aus Wasserstoff (H2) und Stickstoff (N2) ist klimafreundlicher als andere Alternativen: Wenn es verpufft, entsteht kein Kohlendioxid (CO2) als Abgas. In Ammoniak (NH3) steckt nämlich gar kein Kohlenstoff-Atom, daher kann sich beim Verbrauch kein CO2 bilden.

Viele andere erneuerbare Treibstoffe, die wie synthetisches Benzin für Fahrzeuge oder synthetisches Kerosin für Flugzeuge als E-Fuels bezeichnet werden, geben am Ende CO2 ab, obwohl sie grün hergestellt wurden. „Dieses Problem gibt es bei Ammoniak nicht. Hier entstehen nur Wasser und Stickstoff“, sagt Raffael Rameshan vom Lehrstuhl für Physikalische Chemie der Montan-Uni Leoben.

Energiekreislauf ohne Kohlenstoff

Stickstoff ist freilich der Hauptbestandteil unserer Luft und kein Treibhausgas. „Dem ­Vorteil von Ammoniak, dass man einen Kohlenstoff-freien Energiekreislauf generieren kann, steht aber der Nachteil gegenüber, dass die Herstellung von Ammoniak sehr viel Energie verbraucht“, sagt Rameshan. Sein Team hat nun in Kooperation mit der Universität Stockholm eine Grundlage gefunden, wie man die Produktion von Ammoniak effizienter gestalten kann.

Die Publikation in Nature fokussiert auf die Reaktionen der Katalysatoren bei der Ammoniak-Gewinnung. „Auch wenn Ammoniak technisch leichter zu transportieren und verwenden ist als Wasserstoff, geht trotzdem viel Energie drauf bei der Herstellung: Denn für Ammoniak braucht man Wasserstoff. Diesen klimaneutral zu erzeugen ist aufwendig: 75 Prozent des Energieverbrauchs bei der Ammoniak-Gewinnung fließen in die Erzeugung von Wasserstoff“, rechnet Rameshan vor. Jedes Prozent an Effizienzgewinn in diesen Prozessen macht einen Riesenunterschied im ökologischen Fußabdruck dieses alternativen Energieträgers.

»Erneuerbare Energie ist nicht unbegrenzt verfügbar. Man muss sie optimal ausnutzen.«

Raffael Rameshan

vom Lehrstuhl für Physikalische Chemie, Montan-Uni Leoben

„Bisher braucht man hohen Druck bei rund 350 bar und hohe Temperaturen bei 400 bis 500 Grad Celsius“, beschreibt Rameshan die Vorgänge im Haber-Bosch-Verfahren, das die Basis aller Ammoniak-Gewinnung ist. Die Forschenden haben an den Katalysatoren gefeilt, um sowohl den Druck als auch die Temperatur zu senken, damit mehr Energie in das Ergebnis fließt anstatt in die Produktion. „Erneuerbare Energie ist nicht unbegrenzt verfügbar. Man muss sie optimal ausnutzen“, sagt Rameshan.

Die Effizienzsteigerung konnte in einer ganz speziellen Einrichtung gemessen werden: am Desy in Hamburg. Im „Deutschen Elektronen-Synchrotron“ gibt es Teilchenbeschleuniger wie am Cern in Genf und andere Forschungsmöglichkeiten. „Unsere Kooperationspartner aus Stockholm haben dort eine einzigartige Anlage aufgebaut, bei der wir sehr intensive Röntgenstrahlung nutzen können“, erklärt Rameshan. So gelang ein besseres Verständnis der Reaktionsabläufe des Katalysator-Materials. „Wir machen Grundlagenforschung, aber die Ergebnisse sind Open Access, sodass die Industrie auf uns zukommen kann, um Ammoniak-Herstellung effizienter zu machen“, sagt der Chemiker.

Düngemittel und Dieselersatz

Jährlich werden weltweit 180 Millionen Tonnen Ammoniak hergestellt, Tendenz steigend. Nicht nur die Lebensmittelproduktion ist stark abhängig von dem Stoff, da Ammoniak eine Basis für Düngemittel ist. Auch als Treibstoff wird Ammoniak immer interessanter. „Vor allem für die Schifffahrt ist es ein guter Energieträger“, sagt Rameshan.

Bei den Bemühungen, Flugzeuge und Schiffe weg von Kerosin und Diesel zu bekommen, geht es auch ums Gewicht und die Reichweite. „Bei der Schifffahrt spielt das Gewicht aber eine geringere Rolle als bei der Luftfahrt. Daher eignet sich Ammoniak dort als erneuerbarer Treibstoff“, sagt Rameshan. Große Produktionsanlagen an den Küsten Nordafrikas könnten von Sonnenkraft gespeist werden.

Das gewonnene Ammoniak soll in seiner flüssigen Form über Pipelines und Tankerschiffe transportierbar sein. „In Europa haben wir nicht genug Wind- und Solarkraft und sind weiterhin auf Energie-Importe angewiesen“, schließt Rameshan.

In Zahlen

180 Mio. Tonnen Ammoniak werden jährlich weltweit produziert, 80 % für Düngemittel.

78 Prozent der bodennahen Atmosphäre (= Hauptbestandteil unserer Luft) bestehen aus Stickstoff (N2). Wenn Ammoniak verbraucht wird, entstehen Wasser und N2, aber kein CO2.

75 Prozent der Energie bei der Ammoniak-Herstellung gehen in die Gewinnung des benötigten Wasserstoffs H2.

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